- Eigh. Brief m. U. "Meissner". 4 S. Gr. 8vo. Prag 26.I. (1859).
Gleichfalls an Alexander Jung. Umfangreicher Brief über Meissners literarische Arbeiten. "... Wüßten Sie, was ich in dieser letzen Zeit alles durchgemacht habe an Gemüthskämpfen, Sie würden sich nicht wundern, daß ich so lange geschwiegen. Das neue Jahr begann für mich wie der fünfte Akt einer Tragödie. Nun ist alles wieder leidlich ausgeglichen & und nur aus einer tiefen Abspannung merke ich es noch, daß ich so lange wie in einem fürchterlichen Feuer flüssig war. Mein Leben will nicht ruhig werden, so sehr ich selbst es will ... So viel ein Mensch arbeiten kann, inmitten solcher Stimmungen, arbeite ich, aber eigentlich nur, weil ich muss. Mit meinem Drama bin ich immer noch nicht fertig; ich begann, als es schon wie druckbereit dalag, einzureissen & das ist eine schlimme Gewohnheit, das Umbauen, es fällt immer mehr ein & ist neu aufzubauen, als man denkt. In acht Tagen hoffentlich ist alles vollendet. Inzwischen geht ein früheres Stück der 'Prätendent' hier (neu einstudirt) & in Hamburg in Scene. Aber wie kann ein Stück von mir gefallen in einer Zeit, wo man man einer 'Annaliese' applaudirt? Ich sehe dem Vorgang der Aufführung fast mit Sorge entgegen. Geld, das man in diesem theuren Hotel 'zur Erde' genannt, so dringend braucht, trägt ein gedruckter Name nicht ein, wohl aber kann sich ein etwas stolzerer Geist Wunden holen ...". Beklagt sich über den Geiz seines Verlegers Grunow, der entgegen Meissners Wunsch kein Exemplar seiner "neuen Ausgabe" [des Romans "Die Sansara"] an Jung geschickt habe. "... Wie freute ich mich darauf, daß Sie den neuen Schluss lesen würden, der meinem tiefsten Seelenleben entsprossen ist! ... Mit Kolatscheks Blatt werde ich wohl demnächst in Verbindung treten, vorerst bin ich so im Gedränge mit Arbeiten, daß ich mir kaum zu helfen weiß. Es sollen nach einander oder fast zugleich erscheinen: 1. 'Durch Sardinien' (Reisebericht, noch keinen Verleger gefunden) 2. 'Nachtstücke' (drei Novellen) 3. Neue Ausgabe des 'Weib des Urias'. 4. Das neue Drama. - Seltsam, daß Geibel noch Nichts berichtet. Hoffen wir das Beste! Ihre 'Lebenskunst' ist, so viel ich weiß, hier viel gelesen worden ...". - Bei Meissners erwähntem Drama handelt es sich um das fünfaktige Schauspiel "Die Memoiren des Grafen von Montmorency". - Das Schauspiel "Die Anna Lise" von Hermann Hersch war ein viel gespieltes Rührstück um den "Alten Dessauer". - Alle genannten Werke erschienen 1859 im Druck: "Durch Sardinien" und "Urias" bei Grunow in Leipzig, die drei Novellen "Seltsame Geschichten" bei Richter in Prag und Hamburg, "Montmorency" bei Bellmann in Prag.
- Eigh. Brief m. U. "Meissner". 2 S. Gr. 8vo. (Wohl Prag) 24.V.1868.
An Alexander Jung in Königsberg, der sich zunehmend in wirtschaftlicher Not befindet, so daß Meissner sich immer wieder für ihn einsetzt. "... Ich wirke durch [Andreas Frhr von] Stifft, [Leopold] Kompert, Friedländer darauf hin, daß durch den Wiener Schriftstellerverein Concordia etwas Nachhaltiges in Ihrer Angelegenheit geschehe. So hat mir Stifft gerathen & ich schreibe eben die darauf bezüglichen Briefe. Die Concordia hat grosse Mittel. - Ihr Aufsatz ist herrlich, von der edelsten Anschauung durchleuchtet, voll unvergleichlicher Gedanken, hat aber mindestens 2 mal das Maass, das ein Feuilleton der N.[euen] Fr.[eien] P.[resse] haben kann. Das wäre eher etwas für den Salon. Doch hat diese Redaktion Ernst genug, ihn zu würdigen? Ich zweifle fast. Ich bliebe an Ihrer Stelle bei der ... Gartenlaube. Tausendmal Dank für die Liebe & Freundschaft zu mir, die aus dem Aufsatz herausblickt, das hat mich innig gerührt. Aber wie kann ich ihn versenden, wenn mein Lob darin steht? Sie können sich nicht denken, mit wie scheelen Augen dergleichen, mindestens in österr. Redactionen, angesehen wird ...". Empfiehlt, den Aufsatz selbst an die Gartenlaube zu senden und an die Wiener Neue Freie Presse eher etwas Kürzeres, "etwa über Königsberger Leben. Lang oder kurz, das Feuill. wird mit 20 fl. bezahlt. - Wenn keine häusliche Störung eintritt - mein alter Vater ist fortwährend bedenklich kränklich - gehe ich zum Dresdner Schriftstellertag. Von da aus dürfte ich einen 8-10 Tage dauernden Ausflug nach Bayern machen ...".
Neumann, Alfred, Schriftsteller, Dramaturg, Übersetzer, Lektor und Schwiegersohn Georg Müllers (1895-1952). Eigh. Brief m. U. "Alfred Neumann". In franz. Sprache. 2 S. 8vo. Juan-les-Pins (Côte d'Azur), Hotel "Les Ambassadeurs", 21.IX.1938.
Dankschreiben aus dem Exil an den Verleger Delamain für dessen "prompte et si efficace secours. Les autorités m'ont reçu d'une façon tout ce qu'il ya des plus aimables. Votre mot a contribué en grande mesure de me faciliter toutes les demarches. On m'a fermement promis de permis de séjour ... J'espère que nous allons nous rencontrer bientôt et à une époque moins soucieuse et que je puisse alors vous renouveler de vive voix toute une gratitude ...". - Mit illustriertem Briefkopf desHotels. - Kleine Büroklammer-Rostspur.
"frey und deutsch"
Novalis (d. i. Friedrich Frhr von Hardenberg), Dichter, einer der Hauptvertreter der deutschen Romantik (1772-1801). Gedicht-Brief m. U. "Fridrich von Hardenberg". 3 S. Mit zerteiltem Siegel und Adresse. 8vo. Weißenfels 18.V.1789.
Zum größten Teil in Gedichtform geschriebener Brief an Gottfried August Bürger, der Novalis' Brief von Anfang Mai desselben Jahres freundlich beantwortet hatte. "An den Herrn Professor Bürger. Ein Brief ward mir, von jener Hand geschrieben, / Die einst Lenoren schrieb und mit Homeren rang, / Und sauren Ehrenkranz um Deine Stirne schlang, / Die frey und deutsch stets unbewölkt geblieben ...". 27 Zeilen. Am Schluß heißt es: "... Und zwischen Klippen, wo der gröste Haufen bebt, / Die Kunst die Flakkus über alles schätzet / Und über sie nicht Gold, nicht Fürstenliebe setzet, / Hat ja die Parze Dir auch Güte eingewebt. - Sie sehen meine Unbescheidenheit, daß ich es wage, Sie sogar mit schlechten Reimen zu belästgen, doch schieben Sie die Schuld auf meinen Enthusiasmus, der gewiß so groß ist als die Hochachtung mit der ich verharre Dero gehorsamster Diener Fridrich von Hardenberg". - In der Ausgabe der "Briefe und Werke", hersg. von E. Wasmuth (1943), Bd I, Nr. 6, mit Abweichungen gedruckt. - Sehr selten.
Platen (-Hallermünde), August Graf von, Dichter, wegen der Formschönheit seiner Verse bewundert (1796-1835). Eigh. Manuskript mit 3 längeren Gedichten. 4 S. Schmal-folio. O. O. u. J.
Das erste Gedicht, "An einen Ultra", besteht aus 9 Strophen zu je 4 Zeilen und beginnt: "Du rühmst die Zeit, in welcher Deine Kaste / Genoß ein ruhig Glück? / Was aber, außer einer Puderquaste, / Ließ jene goldne Zeit zurück? ...". - Das zweite Gedicht (11 Strophen zu je 4 Zeilen) ist betitelt "Luca Signorelli" und beginnt: "Die Abendstille kam herbei, / Der Meister folgt dem allgemeinen Triebe; / Verlassend seine Staffelei, / Blickt er das Bild noch einmal an mit Liebe ...". - Das dritte und längste Gedicht (16 Strophen zu je 4 Zeilen) heißt "Zobir" und beginnt: "Raublustig und schreckenverbreitend und arm / Geleitet Abdalla den Araberschwarm / Gen Africa zu, / Vor Tripoli stehn die Beherzten im Nu ...".
Rousseau, Jean Jacques, Schweizer Schriftsteller, Komponist, Kulturkritiker und Philosoph von größtem Einfluß (1712-1778). Eigh. Brief ohne Unterschrift. 1 S. 8vo. Von alter Hand an den Rändern auf ein größeres Blatt montiert. O. O. 1.VII. (1760).
An den Buchhändler H. L. Guérin mit der Bitte, dem Schriftsteller Nicolas Charles Joseph Trublet (1697-1770) ein Manuskript zurückzugeben: es handelt sich um eine Abschrift von Rousseaus berühmtem Brief an Voltaire vom 18.VIII.1756 (über das Unglück von Lissabon), die Trublet mit Anmerkungen versehen hatte. Guérin hatte Rousseau vom Druck des Briefes abgeraten. "Une petite Course de quelques jours que je vais faire ne me laisse que le tems de replier à l'addresse de Monsieur Guérin le Manuscrit communiqué par Monsieur l'Abbé Trublet, auquel je le prie de le restituer et de lui faire mes remercimens ... Monsieur Guérin rendra le manuscrit de Platon ["De l'Imitation théâtrale"] à sa comodité. Je ne suis point pressé de le faire imprimer ...". - Auf dem Untersatzblatt hat Karl August Varnhagen eigenhändig vermerkt: "Gegenwärtige Handschrift ist unzweifelhaft von J. J. Rousseau, völlig übereinstimmend mit der in meinem Besitz befindlichen. Berlin, den 13. März 1854. Varnhagen von Ense." - Der Brief ist bei Leigh ("Corresondence complète") unter Nr. 1043 nur registriert, mit kurzer, nicht ganz korrekter Inhaltsangabe. Der eigentliche Text war bis dahin unbekannt.
Badischer Wein
Scheffel, Joseph Victor von, badischer Dichter historischer Versepen von großer Verbreitung und Popularität (1826-1886). Eigh. Brief m. U. "Jos. Vict. Scheffel". 21/2 S. Gr. 8vo. Karlsruhe 23.X.1868.
An einen befreundeten Weinliebhaber, von dem er regelmäßig ein Faß mit edlen Tropfen bezog. "... Es bedarf keiner Lokkung heimischer Rebengeister um mich auf das linke Ufer zur Neustadter Herbstfreude zu ziehen; da ich weiß was dortlands dem Sterblichen bescheert ist, komme ich ganz von selbst. Aber diesmal, heute, morgen, steht mir ein früher beschlossener Plan im Weg; ich muß nach Norddeutschland, eventuell bis Berlin zum Freund Janke, u habe die Abreise auf morgen festgesetzt. Bitte mich also auf 1869 vorzumerken u. mir zugleich ein halbhundert Liter 1868er nach dem zweiten Ablaß im nächsten Jahr vermitteln zu wollen...". Erwähnt den ihm befreundeten Maler und Illustrator Carl Roux: "... C. Roux war hier, bräutlich verjüngt u. guter Dinge; ich wollte ihn zur Neustadter Herbstfahrt bereden aber nicht einmal bis zur Probe des 'edelsten' war er festzuhalten. Den 'Edelsten im Stroh' habe ich Sachverständigen aus verschiedenen Ländern bei einem Abendessen vorgesetzt, wir tranken zu acht Personen mit feinem Verstand vier Flaschen; die Süddeutschen verharrten in anerkennender Ruhe, ein Hanoverander erzählte eine Münchhausengeschichte, dem Berliner aber stieg er so zu Kopfe, daß er von Annexion dieses herrlichen Landes sprach u. tags darauf im Jammer lag. Möge der 68er seinen Vorfahren nacheifern ...". ." - Der genannte "Freund Janke" ist Scheffels Berliner Verleger. - Kleine Faltenrisse. - Dabei: Derselbe. Portrait-Fotografie mit eigh. Signatur "Jos. Vict. Scheffel 1872" auf der Rückseite. Visit-Format (10,2 x 6 cm). - Die Aufname (Brustbild) des Ateliers J. & L. Allgeyer in Karlsruhe und Rastatt zeigt den Dichter im Profil, nach rechts (vom Betrachter) gewendet.
Schnitzler, Arthur, österr. Dramatiker und Erzähler (1862-1931). Eigh. Albumblatt m. U. "Arthur Schnitzler". Zusammen mit anderen Eintragungen auf einem Blatt eines Autographen-Heftes. Quer-8vo. Wien 21.II.1921.
"Recht hattest du? Das will nicht viel bedeuten. / Nur was du wirktest, reicht in Ewigkeiten." - Auf der unteren Hälfte des Blattes, durch einen Strich von Schnitzler getrennt, eine Eintragung der dänischen Schriftstellerin und Journalistin Karin Michaelis, die zum Freundeskreis von Helene Weigel und Bertolt Brecht zählte (1872-1950): "Weisheiten kenne ich nicht. Meine Mutter sagt immer: Du bist so dumm. Das bin ich, bei Gott! Ihre Karin Michaelis. 26.3.1926."- Rückseitig u. a. Eintragungen von Mitgliedern einer italienischen Operntruppe.
Stammbuch eines Medizinstudenten Weber in Jena. Ca. 250 (statt 284) pag. Seiten. Quer-8vo. Brauner Lederband d. Z. (etwas berieben) mit floraler Rückenvergoldung, goldgepr. Ornament-Bordüren auf beiden Deckeln, Stehkantenvergoldung und Goldschnitt. 1798-1806.
Fast alle Eintragungen von Kommilitonen in Jena, häufig Burschenschaftlern, mit entsprechenden Panieren, Zirkeln, gekreuzten Degen und anderen studentischen Symbolen. Beachtlich ist das Einzugsgebiet der Universität Jena: die Studenten kommen aus ganz Deutschland, sogar etliche aus Siebenbürgen haben sich eingeschrieben. Zitiert wird - wie in Jena nicht anders zu erwarten - vor allem aus Schiller; selbst aus den "Räubern" findet sich eine Passage. - Lücken in der Paginierung deuten darauf hin, daß mindestens 10 Bl. einem Stammbuch-Plünderer zum Opfer gefallen sind. - Dafür beiliegend: ein großes Konvolut weiterer, ganz ähnlicher Stammbuchblätter, gleichfalls Jena um 1800, teils von demselben Studenten, teils aus anderen Stammbüchern; ferner 15 Porträt-Silhouetten (13 geschnitten, 2 getuscht), darunter bedeutende Persönlichkeiten: Schelling, Fichte, Niethammer, Suckow, Griesbach, Paulus und Hufeland. - Weiterhin ein Konvolut Stammbuchblätter aus den 1820er Jahren. - Reichhaltiges Material.
- Stammbuch-Blätter eines Fräulein Meissner aus Dresden. 48 Bl., davon 41 beschrieben oder illustriert. Mit 5 Aquarellen, 1 Sepiazeichnung und 3 mont. Haarlocken. Quer-8vo. Goldschnitt. Lose Bl. in karton. Umschlag d. Z. 1802-1839.
Die Beiträge von Freundinnen und einem Bruder in Dresden und (ab 1823) Baudissin (Bautzen), ferner Spremberg, Grimma und Töplitz. In Bautzen schreibt sich 1827 Johann Gottlieb Dressler ein, "Gesanglehrer an der Privatschule zu Budissin". Die hübschen Aquarelle mit Symbolen (Tempel, Altäre) und Bekundungen der Freundschaft.
Stammbuch-Kassette
eines Studenten in Würzburg, Heidelberg und München
Los 2522 [*]
Zuschlag
900€ (US$ 938)
Alt-Heidelberg
- Stammbuch-Kassette eines Studenten namens Wilhelm in Würzburg, Heidelberg und München. 113 Bl., alle beschrieben oder illustriert. Mit 1 Aquarell, 1 Kupferstich und 2 Karikaturen in Federzeichnung. Quer-8vo. Goldschnitt. Lose Bl. in gefalt. Karton, eingelegt in eine grüne Chagrinleder-Decke (Kapitale angeplatzt) mit Rückenvergoldung und Aufschrift "Der Freundschaft geweiht" sowie vergold. Deckelfileten mit Eck-Ornamenten. in grünem Papp-Schuber d. Z. 1826-1828.
Alle Eintragungen von Kommilitonen verschiedener Fächer: 1826 in Würzburg, 1827 in Heidelberg, 1828 in München. Der Inhaber gehörte offenbar einer (schlagenden) Verbindung an, und fast alle Beiträge sind mit Zirkel und Panier von Burschenschaften versehen: Rhenania, Helvetia, Saxo-Borussia, Alemannia, Guestphalia, Holsatia, Moenania, Franconia etc. Manche längeren Beiträge lassen Einblicke in das Studentenleben der Universitätsstädte zu. Das hübsche Aquarell zeigt eine Ansicht des Heidelberger Schlosses; auch der Kupferstich zeigt - aus anderer Perspektive - das Schloss über der Stadt.
Stammbuch-Kassette
des Gustav Marcus Cohn aus Schmalkalden
Los 2523 [*]
Zuschlag
580€ (US$ 604)
- Stammbuch-Kassette des Studenten Gustav Marcus Cohn aus Schmalkalden. 74 Bl., alle beschrieben oder illustriert, meist zweiseitig benutzt. Mit 42 Kupferstichen (1 kolor.), größtenteils mit Ansichten, meist aus dem Verlag Wiederhold in Göttingen. Quer-8vo. Goldschnitt. Lose Bl. in ziegelroter Halbleder-Kassette d. Z. (etwas berieben) in Form eines Stammbuchs mit Rückenvergoldung und grünem Rückenschild "Der Erinnerung" sowie vergold. Deckelbordüren, Vignetten und goldgepr. Aufschrift "G M Cohn, 1833". Innendeckel mit allegorischem Kupferstich auf grünem Grund. Imitierter Grünschnitt. In (defektem) Pappschuber d. Z. 1832-1840.
Die meisten Eintragungen von Freunden und Kommilitonen in Schmalkalden, Marburg und Göttingen. Der Name des Inhabers läßt auf Herkunft aus jüdischer Familie schließen, und auch unter seinen Kommilitonen finden sich verbreitete jüdische Familiennamen (Lion, Fraenkel, Simon u. a.). Eine Vielzahl flotter, teils humoristischer Sprüche und einige Symbole bezeugen Cohns Aktivität als Burschenschaftler. Bemerkenswert sind die vielen hübschen gestochenen Stadtansichten aus dem Wiederhold-Verlag, darunter Göttingen (Maschmühle, mit Gesamt-Ansicht im Hintergrund, Markt, Neue Kaserne, Mariaspring, Große Bibliothek, Neue Anatomie, Stadtansicht mit Neuer Anatomie, Papiermühle, Raschmühle), Kassel mit Wilhelmshöhe (Löwenburg, röm. Wasserleitung, Herkules mit Wasserfall, Felseneck an der Wilhelmshöhe, Wilhelmsbrücke, Schloß Wilhelmshöhe, Wasserfall, Friedrichsplatz), Bonn (Gesamtansicht), Hamburg (Jungfernstieg, Hamburg von der Westseite), Chemnitz (Gesamtansicht), Fulda (Dom), Nenndorf (Schloß und Esplanade, Aussicht von der Mooshütte), Berlin (Gesamtansicht von den Rollbergen aus, Brandenburger Tor) etc. Ein Blatt zeigt drei Studenten beim Trinkgelage. Ein anderes (mit Ansicht von Bonn) stammt von Cohn selbst und ist beschriftet: "Schmalkalden am 27ten October 1836, am Tage vor deiner Abreise nach Ffurth a. O. und vielleicht keinen Monat mehr vor meiner Abreise nach Holland u. Ostindien". - Viele Blätter von Cohn mit Bleistift-Notizen über das weitere Schicksal der Beiträger versehen. - Hübsche Kassette, wertvoll durch ihren besonderen Reichtum an interessanten Bildern und Textbeiträgen.
Stieler, Hilde, expressionistische Dichterin, Tochter des Malers Johann Hertwich, mit dem Schauspieler Kurt Stieler verheiratet (1883-1962). Eigh. Widmung in ihrem einzigen Gedichtband "Der Regenbogen" sowie eine Sammlung von 24 eigh. Gedichtmanuskripten, 2 eigh. Briefen und 1 eigh. Ansichtspostkarte. Nur 1 Brief unterzeichnet ("von Ihrem 'Hildekind'"). Zus. 35 S. (Tinte und Bleistift) sowie 1 gedruckter Band. Verschied. Formate, häufig quer-quarto. Okt. 1914 - Jan. 1918 bzw. o. D.
Die Gedichtsammlung "Der Regenbogen", erschienen als Band 17 in der von Franz Pfemfert herausgegebenen expressionistischen Reihe "Der Rote Hahn", enthält eine längere eigenhändige Widmung Hilde Stielers auf dem Titelblatt, ferner ihr Porträt und am Schluß eine Graphik von Otto Freundlich (vgl. Raabe, die Zeitschriften und Sammlungen des literarischen Expressionismus, Nr. 151, sowie Raabe, Die Autoren und Bücher (etc.), Nr. 292 und S. 984). Das titelgebende Gedicht befindet sich auch als Handschrift unter den 24 eigenhändigen Manuskripten. Diese, teilweise datiert und wohl meist gerichtet an ihren Mann (von dem sie sich 1920 trennte), tragen die Titel "Der Beter" (2), "Oktober", "Amor fati", "Eiland", "Bahnfahrt", "Wär ich König", "Abends", "Unterschied", "Theaterabend", "Der Regenbogen", "Kameraden", "Gefährten", "Fragen der Liebe", "An das Bildnis eines Knaben", "Hiob", Senta", "Die Stimme" und "Gespräch mit dir"; vier Gedichte sind nicht betitelt, eines ist signiert "Hilde Stieler". - Die Briefe und die Karte sind an den ihr befreundeten Theaterleiter und Theaterhistoriker Max Martersteig gerichtet, der 1912-1918 Intendant des Leipziger Stadttheaters war. Am 23.IV.1917 schreibt sie über einen geplanten Front-Auftritt ihres Mannes: "... ein Offizier in Halle ist bereits beauftragt K. [urt] einen Pass zu besorgen! Sie wollen K. am 5. Mai zu einem Abend im Rathaus ... haben ... Nun möchte der dortige General aber, dass K. am nächsten Tag den Soldaten im Schützengraben, die nicht bei dem Abend im Rathaus sein können, auch etwas aufsagt! ... Eben kommt K. und sagt, dass er wol am 5. nicht an die Front fahren könne weil gleich anschliessend die Proben für's [Adolf-] Winds-Gastspiel seien. Aber er meint ob es nicht später ginge, wenn die Proben für das neue Lustspiel seien, also etwa um den 11. herum. Es wäre natürlich für ihn sehr schön wenn er auf diese Weise auch was vom Krieg - so wenig schön er an und für sich ist - zu sehen bekommen hätte! ... viel wichtiger ist: seh ich Sie Mittwoch bald, trotz der Eysold? ...". - Martersteig war in zweiter Ehe kurz mit der Schauspielerin Gertrud Eysoldt verheiratet. -
Stoltze, Friedrich, Frankfurter Schriftsteller, Satiriker, Mundartdichter, freisinniger Journalist und Verleger (1816-1891). Eigh. Brief m. U. "Friedrich Stoltze". 11/2 S. Gr. 8vo. Frankfurt a. M. 19.X.1884.
An einen Redakteur, dem er wohl zum Zweck der Anzeige das Erscheinen des Buches eines Kollegen ankündigt und dabei - unausgesprochen - gleich den Text der Notiz vorgibt. "... Der Sohn Valentin Rausch's, Hr. Wilhelm Rausch ... gibt die hinterlassenen Gedichte seines Vaters im Selbstverlag heraus; sie befinden sich eben unter der Presse u. werden nächster Tage erscheinen. Das Bändchen wird 90-100 Seiten stark werden. Außer dem 'Goethe-Enthusiast' enthält die kl. Sammlung noch einige Festspiele humoristischen Inhalts u. im Frankfurter Dialekt; sodann, im ernsteren Genre u. in reindeutscher Sprache, eine Anzahl Liebesgedichte ...". - Die vielen Schriften von Stoltze, der den Frankfurter Volkstyp "Herr Hampelmann" schuf, wurden auch im 20. Jahrhundert immer wieder aufgelegt; das Andenken an den Autor wird u. a. durch ein Stoltze-Museum und einen Stoltze-Preis wachgehalten.
- Eigh. Brief m. U. "Thelen +". 51/2 S. in sehr großer Schrift. Gr. 4to. Blonay 21.XI.1964.
An Herrn Geyer, der das Manuskript von Thelens "Glis-Glis" zum Kopieren ausleihen möchte. Der Dichter erklärt sich bereit, "sofern das möglich ist, ohne das sorgfältig gebundene opusculum auseinanderzunehmen, oder sonstwie durch Aufbrechen zu beschädigen. Es ist 48 Seiten stark ... Dieses, von Diederichs abgelehnte Buch kommt als bibliophiler Druck heraus, mit Holzschnitten von Hubert Berke-Köln. Herausgeber: Horst Heiderhoff ... Die Auflage ist sehr beschränkt ...". - In der typischen, durch Thelens Augenleiden bedingten großformatigen Schrift; auch das Büchlein trägt den Untertitel "entstanden als Fingerübung eines Seh-Gestörten". - Der KVK und alle Buchhandels-Foren kennen die hier angekündigte bibliophile Ausgabe nicht, sondern nur spätere Drucke mit Illustrationen von Paul König.
Tieck, Ludwig, Dichter und Übersetzer, einer der Hauptvertreter der deutschen Romantik (1773-1853). Eigh. Gedichtmanuskript. 11/2 S. Folio. (Um 1800).
"Einsamkeit". 9 Strophen zu je 8 Zeilen: "Der ist nicht einsam, der Schmerzen fühlet, / Verlassen von den Freunden und der Welt, / Wenn er die heisse Angst in Trauer kühlet, / Und des Verlustes Bild im Herzen hält, / Wenn die Vergangenheit noch kindlich um ihn spielet / Und Zukunft einen Spiegel vor ihm hält, / Dem sind die Schmerzen Freunde und die Thränen, / Und er genießt sich selbst im stillen Sehnen ...". - Das Gedicht wurde zuerst veröffentlicht in dem von Tieck und August Wilhelm Schlegel herausgegebenen "Musen-Almanach für das Jahr 1802". - Leicht stockfleckig. - So frühe Gedicht-Handschriften Tiecks sind von großer Seltenheit.
Torberg, Friedrich
9 Briefe und Karten an Anuschka Deutsch
Los 2531
Zuschlag
1.200€ (US$ 1,250)
Torberg, Friedrich, österr. Schriftsteller und Kritiker (1908-1979). Konvolut von 9 Briefen und Postkarten m. U. "Torberg" oder "F. T.". Zus. 81/2 S. Gr. 4to und 8vo. Wien, Alt-Aussee und Breitenfurth 1955-1979.
1 eigh. Brief, 6 masch. Briefe und 2 eigh. Ansichts-Postkarten, jeweils gerichtet an Anuschka Deutsch, die Ehefrau des Schauspielers Ernst Deutsch. Meist umfangreiche, mit vielen witzigen Pointen gewürzte Briefe über Literatur und Theater, vor allem über sein im Entstehen begriffenes Buch "Die Tante Jolesch". Als Anuschka meint, sie könne sich als alte Frau, die am Stock gehe, in Wien nicht sehen lassen, antwortet Torberg: "... Vornehme alte Damen mit Stock sind immer gut und stellen sogar auf der Bühne eine ernsthafte Konkurrenz zu Kindern, Hunden und Blinden dar. In Meran würden Sie ohne Stock geradezu auffallen, und zwar peinlich ... Die 'Tagblatt'- Reminiszenzen enthielten bestenfalls die Hälfte des Lutz-Steiner-Materials, das ich noch verarbeiten will; sie waren eine Art Vorabdruck aus meinem werdenden Buch 'Die Tante Jolesch oder der Untergang des Abendlandes in Anekdoten', mit dem ich einer auch Ihnen vertrauten und endgültig dahingegangenen Zeit ein wehmütiges Denkmal zu setzen plane ...". Beklagt sich, daß er bezüglich der Honorierung seiner Ephraim-Kishon-Lesungen [Torberg war bekanntlich Kishons Übersetzer ins Deutsche] vom Bayerischen Fernsehen "bös hereingelegt" worden sei: "... Eigentlich aus meiner Schuld, weil ich den Vertrag nicht genau gelesen habe. Was mich wiederum an einen bedeutenden Ausspruch Franz Molnars erinnert: 'Liebster', sagte er mir einmal, 'unterschreiben Sie nie einen amerikanischen Vertrag. Denn auf Seite 87 steht kleingedruckt: § 124. Dieser Vertrag ist ungültig'. Wie sich zeigt, verhält es sich mit bayerischen Verträgen ganz ähnlich [18.III.1974] ... Selbstverständlich wird in diesem Buch [Die Tante Jolesch] - das ja zum großen Teil aus getarnten Memoiren besteht - auch der Ernst [Deutsch] vorkommen, und selbstverständlich nehme ich den Anlaß wahr, um auch von ihm selbst, nicht nur vom unvergeßlichen Rebbe Grün, einige Anekdoten anzubringen ... Was mich betrifft, so habe ich neulich im Kalender nachgeschaut und mußte feststellen, daß ich nicht mehr der Jüngste bin. Das veranlaßt mich zu einem rüstig fortschreitenden Abbau meiner wichtigtuerischen Aktivitäten, vor allem der Theaterkritik, die ich völlig eingestellt habe ..." [6.XII.1974]. 1978 - aus Alt-Aussee - geht es um "Die Erben der Tante Jolesch", wofür er weitere Anekdoten sammelt, z. B. aus einer Inszenierung Eugen Klöpfers: "... weiss ich genau dass um jene Zeit das Wortspiel 'Kohn in des Klöpfers Hand' in Berlin kursiert hat, denn woher würde ich es sonst kennen (erfunden hab ich's ja nicht). Aber ich werde schon irgendeinen Weg finden, es in die 'Erben der Tante Jolesch' hineinzuschwindeln. Es ist zu schön, als dass es verloren gehen dürfte ... Hab ich Ihnen eigentlich berichtet, dass ich im Sommer ... die 103jährige Albach-Retty in Bad Goisern besucht habe? Sie kam plaudernd die Stiege herunter und replizierte auf meine Bemerkung, dass es mit dem Text noch sehr gut klappt: 'Ja, nicht wahr? Und immer noch mit der ironischen Distanz, die Sie an mir so geschätzt haben!' Sie ist von einer unglaublichen Präsenz, hatte im Gespräch alle Pointen und ich keine einzige. Soviel zu ihrem Gesundheitszustand ... Nein, zu Weihnachten war ich nicht hier, weil ich das Fest so wenig ausstehen kann wie Sie, besonders wenn es durch steirisches Brauchtum verschärft wird [5.I.1978] ... jetzt bereite ich mich auf den Wirbel vor, der anlässlich meines demnächst erfolgenden Eintritts ins Patriarchenalter über mich hereinbrechen wird. Vielleicht ist es eine Schmockerei, sich feiern zu lassen, aber es wäre eine noch grössere, sich den Feiern zu entziehen, nur weil sie eine Schmockerei sind ..." [5.IX.1978]. - 1 Brief und 1 Karte zusätzlich mit Grüßen von Marietta Torberg versehen. - Charakteristische, inhaltsreiche Briefreihe des Autors geist-funkelnder Kritiken und Essays.
Varnhagen von Ense, Karl August, Schriftsteller, Journalist, Diplomat, Historiograph und Literaturkritiker, zentrale Gestalt des literarischen Berlin seiner Zeit (1785-1858). Eigh. Brief m. U. „Varnhagen von Ense“. ½ S. Gr. 8vo. Berlin 30.VII.1848.
An einen Autographensammler. „Sie hatten mich kaum verlassen, hochgeehrter Herr Doktor, so fiel mir ein daß ich die Unterschrift Bernadotte’s, als Kronprinzen von Schweden, doppelt besitze. Darf ich für das beifolgende Blatt mir aus den vorgezeigten einige auswählen - Friedrich I., Ilgen, Frau von Berg, Herdt ... und vielleicht noch ein paar andre - so bin ich mit dem Austausche wohlzufrieden. - Für Ihre Güte und Freundlichkeit, die mich fortwährend mit so schönen Gaben bedenkt, kann ich nicht herzlich genug meinen Dank aussprechen! ...“.
Wells, H. G., engl. Schriftsteller (1866-1946). Eigh. Brief (Billet) m. U. "H. G. Wells". 2/3 S. 4to. Easton Glebe, Dunmow, April 1923.
An den Exlibris-Künstler Ignaz Geza Henger in Wien, der ihm einen Exlibris-Entwurf geschickt hatte. "... Thank you very much for the drawing which you have been so kind as to send me ...". - Dabei: Arthur Conan Doyle, schottischer Arzt und Schriftsteller, Erfinder der Figur des Meisterdetektivs "Sherlock Homes" (1859-1930). Handschriftl. Brief (Billet) m. U. "Arthur Conan Doyle". 1/2 S. 8vo. Windlesham, Crowborough, Sussex 11.IV.1923. - Gleichfalls an Ignaz Geza Henger in Wien. "Many thanks for your courteous letter ...". - Laut Hinweis eines Spezialisten stammen solche kurzen Dankesbriefe Doyles, wenn sie (wie hier) noch ein Kürzel unter seinem Namen aufweisen, nicht von seiner Hand, sondern sind von seinem Sekretariat geschrieben. - Leichte Vergilbungen durch Lichteinwirkung.
Bunsen, Christian Karl Josias von, hoch angesehener Ägyptologe, Theologe und Diplomat, preuss. Gesandter in Rom und 12 Jahre in London, Gründer des Deutschen Archäolog. Instituts in Rom (1791-1860). Eigh. Brief m. U. "Bunsen". In engl. Sprache. 12/3 S. 8vo. London 27.XI.1845.
Wohl an einen englischen Geistlichen, dem er für einen Brief und ein Buch dankt. "... As to my opinion & conviction respecting Church Government, & what may be asserted safely respecting Episcopal. I must take the liberty of referring you to my Book 'The Constitution of the Church of the Future' now in progress of translating into English, & my edition of the genuine Ignatius now printing. But instead of controversy which I rather avoid when I can, I wish to say Amen to your words: Christ all in all! There is no center of waiting but in Him, & all the rest is indifferent, unless it intrench upon His paramount authority ...". - Bunsen befaßte sich lebenslang auch publizistisch mit dogmatischen und kirchenpolitischen Fragen. - Fleckig; das leere zweite Blatt mit Montagespuren. - Beiliegend ein Ausschnitt aus einer brit. Zeitung von 1860 mit ausführlichem Bericht von Bunsens Begräbnisfeier in Bonn.
Heck, Ludwig, legendärer Zoologe, 43 Jahre lang Direktor des Berliner Zoologischen Gartens (1860-1951). Eigh. Brief m. U. "Dr. L. Heck". 21/4 S. Gr. 8vo. Berlin 20.XI.1890.
An einen Redakteur, der ihn um regelmäßige Beiträge aus dem Zoo für eine Zeitung oder Zeitschrift ersucht hatte. Heck erörtert ausführlich die Bedingungen und verabschiedet sich schließlich, "Indem ich noch die Hoffnung ausspreche - bei der gegenwärtigen, wenig einladenden Jahreszeit wage ich es allerdings kaum - Sie früher oder später einmal hier begrüßen & einen kleinen Rundgang durch den Garten mit Ihnen machen zu können, wobei sich dann angesichts der Anregung gebenden Gegenstände meiner schriftstellerischen Thätigkeit gesprächsweise gewiß am leichtesten eine genauere Verständigung über die gegenseitigen Wünsche und Absichten ergeben wird ... Ich bin so ziemlich den ganzen Tag im Garten anwesend, sicher aber des Vormittags bis 11 Uhr." - Mit Briefkopf: "Direction des Zoologischen Gartens. Berlin W. 9, Kurfürstendamm 9." - Vom zweiten Blatt die untere Hälfte - ohne Textverlust - abgetrennt.
Hedin, Sven (von), schwedischer Forschungsreisender, führte vor allem bedeutende Expeditionen nach Innerasien durch (1865-1952). 1 eigh. Postkarte und 1 eigh. Brief m. U. "Sven Hedin". In deutscher Sprache. Zus. 21/2 S. Quer-8vo und kl. 4to. Stockholm (13.II.1915) und 13.VII.1926.
An den Verlag F. Bruckmann in München, der mehrmals vergeblich versuchte, Hedin als Autor zu gewinnen. "... Entschuldigen Sie bitte dass ich so lange nicht geantwortet habe. Die Sache war aber schon mit meinem alten Verleger erledigt. Sonst wäre es mir sehr lieb gewesen Ihre Vorschläge zu hören [13.II.1915] ... Das Buch das Sie erwähnen 'My Life as an Explorer' erscheint deutsch bei F. A. Brockhaus, der alle meine Bücher in Deutschland herausgegeben hat. Ihr berühmter Verlag ist mir seit Jahren sehr gut bekannt und auch für mich wäre es eine Ehre gewesen bei Ihnen zu erscheinen. Aber seinen alten Verleger kann man nicht verlassen und bei Brockhaus habe ich seit bald 30 Jahren nun schon schöne Erfahrungen gemacht ...". Dankt für Bruckmanns "sehr nette und ermunternde Gedanken". - Beiliegend ein nicht dazugehöriger eigh. Briefumschlag, ebenfalls an Bruckmann.
Heim, Ernst Ludwig, berühmter Berliner Arzt, gen. "der alte Heim", Lehrer Alexander von Humboldts, letzter behandelnder Arzt der Königin Luise, erlangte auch als Armenarzt größte Popularität, Ritter des Roten Adler-Ordens, Ehrenbürger Berlins, 1984 auch auf einer Briefmarke verewigt (1747-1834). Sammlung von 14 eigh. Briefen m. U. "E. L. Heim" oder "Ernst". Zus. 42 S., sehr eng beschrieben. Halle (Saale) 19.I.1768 - Spandau 16.II.1780.
Umfangreiche Jugendbriefe an seine Brüder Johann Ludwig und Anton. Im ersten Brief (Halle 1768) an den Theologen und Geologen Johann Ludwig Heim in Meiningen, in dem der Student Ernst gleich anfangs auf seinen Takabskonsum zu sprechen kommt, zitiert er einen tadelnden Brief seines Vaters, in dem es u. a. heißt: "... Du mußt Dir einbilden ich hätte ein Sak voll. Auch vor Deinetwegen habe ich lezthin von Hrn. Secret. Herman 100 f. lehnen müßen, wie viel Du davon empfangen, weiß ich nt. einmal, und Du bist noch so flegelhaft und schreibst mir als davon, viel weniger bedankst Du Dich. Undank ... ist das schändlichste Laster u. einem solchen Menschen giebt Gott kein Gedeyen. Du bist von Jugend auf ein leichtsinniger u. liederlicher Mensch gewesen, u. wie man sonsten hört ist Deine Haußhaltung sehr unordentl. und liederlich. Du hälst nichts zu Rath. Du hast mir abgewichenen einen Brief voll Aufschneidereien geschrieben, Du hättest einen halben Freitisch, Du hättest Gelegenheit nach Berlin. Von solchem Zeug wird meine Seele matt. Du bist nun Ostern 2 Jahr drinnen, hast Du was geler[n]t so ist gut, wo nicht so ist der Schade Dein ...". Der Brief mit der Gardinenpredigt verfehlt seine Wirkung nicht, wie Ernst Ludwig seinem Bruder gesteht: "... Da ich ihn zum ersten mal laß konte ich mich der Thränen nt. enthalten ...". Verteidigt sich ausführlich, gelobt zugleich Besserung in Sachen Tabak und hofft auf Vermittlung und Versöhnung durch seinen Bruder. "... Wenn er mich noch ein halb Jahr oder 1 Jahr studieren läßt und promoviren, so verlange ich nts. mehr von ihm, ich will auch nicht nach Hause gehn, als Doctor steht mir die ganze Welt offen, und mein Glük an fremden Orts zu machen, soll mir nicht fehlen ...". Die folgenden Briefe beschäftigen sich weiter mit Schulden, aber auch mit seinen Fortschritten und seiner Lektüre, die ihm der Historiker und Professor für Philosophie Karl Renatus Hausen (1740-1805) leiht: "... Ich habe bereits von ihm schon gelesen, das Bremische Magazin 10 Theile, die Schriften des Rousseau, Englische medizinische Wochenschrift. Ferner seine Geschichte der Protestanten ... Wieland seine Schriften einige, z. E. deßen Musarion, Weis[s]e und den Agathon. Wieland komt nach Erfurt, welches Dir vermuthl. schon bekannt sein wird. Vor ein[ig]en Tagen habe ich auch den 3ten Theil von der Bibliothek der elenden Scribenten, so wieder die Klo[t]zzianer gerichtet, gelesen. Allein das meiste darinn ist dummes Zeug ... Klo[t]z befindet sich nicht in den besten Umständen. Sein übermäßiges Weintrinken, und der stete Umgang mit liederlichen Menschen bringen ihn um sein Geld, und sein schlechter und niederträchtiger Carakter, um alle Freunde. In Halle geht kein ehrlicher Mann mit ihm um ..." [27.III.1769]. Weitere, meist sehr umfangreiche Briefe berichten von Ernsts Promotion, seinen medizinischen Fortschritten und vielerlei Bekannten, bis er am 5. Januar 1778 erstmals aus Spandau bei Berlin schreibt. Ein Thema ist sein Bruder Anton, ein anderes seine Verehrung für eine Mademoiselle Salomon. Naturwissenschaftliche Fragen kommen zur Sprache (seine drei Brüder sind nicht nur Pfarrer, sondern auch Naturforscher), ferner familiäre Nachrichten aller Art. Medizinische Themen (eigene Krankheit) und Begegnungen in Berlin mehren sich in den letzen Briefen. Ein Brief Ernsts besteht nur aus einem sechszeiligen Kommentar auf einem vierseitigen Brief seines Bruders Anton (Spandau 6.IX.1779). - Einige Notizen von späterer Hand weisen darauf hin, daß einige Briefe auszugsweise in Georg Wilhelm Kesslers Heim-Biographie (erste Ausgabe 1835) verwendet worden sind; der größere Teil der hier vorliegenden Textmenge ist jedoch unveröffentlicht. - Beiliegend 3 medizinische Manuskripte von verschiedenen Händen, davon 2 inkomplett. Vollständig ist wohl ein stark durchkorrigiertes Manuskript Heims von 30 S. (4to) über Bauchhöhlen-Schwangerschaft (Gravitas extrauterina). - Teils leichter Textverlust durch Siegel-Ausrisse.
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