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Rulman Merswin
Rulman Merswin. Das Leben Jesu (Von der geistlichen Spur). Deutsche Handschrift auf Papier
Los 861

Zuschlag
30.000€ (US$ 31,250)

Details

"Von der geistlichen Spur" - mit zwei Federzeichnungen in einem wohlerhaltenen Kopertband
Rulman Merswin. Das Leben Jesu ("Von der geistlichen Spur"). Deutsche Handschrift auf Papier. 2 Teile in 1 Band. 138 nn. Bl. 19-21 Zeilen. Schrift: Gotica Kursiva. Schriftraum: 11 x 7 cm. Format: 15,2 x 11 cm. Mit 2 Federzeichnungen in Sepia, eine in Rot koloriert. Flexibler Pergament-Kopertband d. Z. (abgegriffen, Deckel mit Fehlstellen, Einrissen, fleckig, Rücken mit alten Klebschildern) unter Verwendung eines Fragments einer Handschrift aus dem 14. Jahrhundert mit festem Kalbslederrückenstück. Schwaben um 1400.
Bedeutende, zweiteilige Handschrift mit Text des Rulman Merswin (1307-1382) über das Leben Jesu ("Von der geistlichen Spur") mit zwei zeitgenössischen Federzeichnungen in einem außergewöhnlich gut erhaltenen Kopertband der Zeit. Beide Teilen sind vermutlich von demselben Schreiber geschrieben, mit Ergänzungen einiger weiteren Schreiber. Nach den Merkmalen der Schrift ist die Handschrift um 1400 entstanden. Die Schriftsprache verweist auf Südwestdeutschland.

Die Handschrift wurde aus zwei, etwa gleichzeitig entstandenen Teilen zusammengesetzt:
Teil I:
Bl. 1r-105v: Rulman Merswin: "Leben Jesu" ("Von der geistlichen Spur").
Bl. 105r-105v: Gedicht "O du uzvließender brunne"
Bl. 106r-108v: Gedichte, u. a. "Mariengruß" (Bl. 106r), Gebet (Bl. 106v), "Die zwölf Räte Jesu Christi" (Bl. 108r). Bl. 107rv leer.
Teil II:
Bl. 109r-138v: Gebete und Gedichte, überwiegend dt., darunter "O du uzvliezender brunne" (Bl. 129r-129v, nach dieser Hs. ediert von G. Eis, Altgermanistische Beiträge, S. 138-142) und das Reimgebet "O menschait blos, O marter gros" (Bl. 130r).

Die mystischen und theologischen Schriften des Straßburger Kaufmanns Rulman Merswin erreichten ein breites, sowohl aus Geistlichen als auch aus Laien bestehendes Publikum, überwiegend in Süddeutschland. Merswin führte die Gemeinschaft der frommen "Gottesfreunde" in Straßburg an. Das Johanniterkloster, das er dort gründete, war ausgesprochen erfolgreich und wirkte weit über Straßburg hinaus.

Das Merswin zugeschriebene, in nur acht Handschriften überlieferte "Leben Jesu“ ist eine Nachschrift des Traktats "Von der geistlichen Spur". Die in Teil II der Handschrift überlieferten "O du uzvliezender brunne", "O menschait bloß, O marter groß" und der Mariengruß "Gott gruß dich Maria du hoher himel hort" (Bl. 106r) sind als kurze Reimgebete Teil einer Sammlung kürzerer und längerer Passionstrakte, Gedichte, Gebete und Lieder. Einige davon wurden von G. Eis herausgegeben und erläutert (s. Euphorion 53, 1959, S. 444-446 und FS Franz Rolf Schröder 1959, S. 99-100).

Die hier enthaltenen "Die zwölf räte Jesu Christi" (Bl. 108r) enthalten "Ratschläge Christi, die, in den Evangelien überliefert, jeder Mensch freiwillig befolgen und dadurch die höchste Stufe im mystischen Dreischritt, die Vollkommenheit, erreichen kann" (Hayer in 2VL, Bd. 10, Sp. 1643-1645), nach dieser Hs. gedruckt in Leuvense Bijdragen 52 (196), S. 156-168, hier S. 163, 166, (Nr. II).

Inhaltsreiche, bislang nur teilweise erschlossene, frühe Sammelhandschrift mit Werken der oberdeutschen Mystik aus der Zeit um 1400, mit Liedern, Gedichten und Reimgebeten ergänzt. Die Handschrift ist als Zeugnis der privaten Frömmigkeit des Erstbesitzers oder der Erstbesitzerin zu betrachten; sie ist wohl über einen längeren Zeitraum "gewachsen", bevor sie ihre aktuelle Zusammensetzung erreichte und in einem gut erhaltenen Kopertband gebunden wurde.

Die Federzeichnungen sind eingeschaltet auf Bl. 110v: Eine Darstellung der "Arma Christi", der Marterwerkzeuge der Passion wie Dornenkrone, Kreuznägel, Longinus-Lanze, Martersäule, Würfel, Zange und oben links der Kopf eines blutigen Lamms mit Kreuznimbus. Am Schluss auf Blatt 138r findet sich in einem doppelten Zirkelkreis die Darstellung eines Raben mit großem Schnabel und Kappe auf dem Kopf.

Besonders bemerkenswert ist der flexible Kopertband aus feinem Pergament, einem Fragment einer nur stellenweise leserlichen Handschrift des 14. Jahrhunderts mit einer Rückenverstärkung aus festem, dunkelbraunen Kalbsleder. Langstichheftung der Lagen mit dem Bindfaden auf der Außenseite des Buchrückens (ohne Bünde). In einem Kopertband werden die Lagen nicht auf Bünde genäht, die an den Einband befestigt werden, sondern direkt an den Buchrücken. Der Umschlag (Kopert) ist normalerweise aus Pergament und wird nach hinten so weit verlängert, dass die Klappe zum Schutz des Buchblocks bis auf die Vorderseite des Buches gezogen werden kann. Diese einfache Technik wurde im 15. Jahrhundert gelegentlich für kleinformatige Bücher verwendet, überwiegend in Süddeutschland. Der vorliegende Kopertband ist sehr gut erhalten. Dank der Rückenverstärkung aus festem Kalbsleder ist der Buchrücken nicht hohl geworden und so ist der Buchblock perfekt erhalten geblieben. – Kaum Fleckchen oder Läsuren, Kanten leicht brüchig. Provenienz: Aus der Kartause Buxheim (Besitzvermerk Cartusiae in Buxheim des 18. Jahrhunderts auf Bl. 1r.). Alte Buxheimer Signatur 564 auf dem Buchrücken (Etikett). Der flexible Kopertbanddeckel aus einer lateinischen Handschrift des frühen 14. Jahrhunderts mit breiter Klappe (wellig, knittrig) und mit nur noch auf den Innenseiten sichtbaren Schriftfragmenten sowie mit blauem Stempel des Heidelberger Germanisten Gerhard Eis (1908-1982) und dessen Inventarnummer Hs. 101. Eis hat das Werk teilediert: Gerhard Eis, Geistliche Lyrik des späten Mittelalters aus unbekannten Handschriften, in: Euphorion 53 (1959), S. 441-455; Derselbe, Mittelhochdeutsche Lieder und Sprüche, München 1967, S. 107; Derselbe, Zwei unbekannte Handschriften der Allegorie vom Seelenkloster, in: Gerhard Eis, Altgermanistische Beiträge zur geistlichen Gebrauchsliteratur. Aufsätze - Fragmentfunde - Miszellen, Bern/Frankfurt a. M. 1974, S. 145-150. Josef Werlin, Drei geistliche Traktate aus einer alemannischen Handschrift um 1400, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 110 (1962), S. 131-149. Waltraut Linder, Rulman Merswins 'Leben Jesu'. Untersuchungen und kritische Ausgabe des Textes auf Grund einer neugefundenen Handschrift, Diss. (masch.) Heidelberg 1960, S. 9-39 (zur Hs.). Beschreibung der Handschrift im Handschriftenzensus: Nr. 18474.

Laurentius von Rom
Antiphonarblatt mit großer szenischer Initiale.
Los 862

Zuschlag
1.300€ (US$ 1,354)

Details

Laurentius von Rom. Antiphonarblatt mit großer szenischer Initiale. Lateinische Handschrift auf Pergament. 1 Blatt. 6 Zeilen Text mit Quadratnotation auf vierzeiligem roten System. Schrift: Gotica rotunda. Schriftraum: 38 x 23 cm. Format: 54 x 34 cm. Mit dreiseitiger floraler Stabbordüre in Rot, Grün, Blau und Rosé mit Goldpunkten und 1 große Schmuckinitiale "L" in Gold und Farben (12 x 10 cm). Mittelitalien Anfang 15. Jahrhundert.
Sehr dekoratives Blatt mit dem Anfang der gregorianischen Gesänge zur Antiphona "Laurentius bonum opus" mit einer prachtvollen, großen Initialminiatur, die das Martyrium des Heiligen Laurenz darstellt. Dieser wurde der Legende nach auf einem glühenden Rost verbrannt, was am 10. August 258 unter Kaiser Valerian oder unter Kaiser Diokletian stattfand. Laurenz wurde dann auf dem Campus Veranus an der Via Tiburtina begraben, wo sich heute die mächtige Basilica di S. Lorenzo fuori le mura erhebt, eine der sieben Haupt- und Pilgerkirchen Roms. Der Choralgesang hebt an: "Levita Laurentius bonum opus operatus est, qui per signum crucis caecos illuminavit" ("ein gutes gutes Werk tat Laurentius, der Levit, der durch das Zeichen des Kreuzes die Blinden erleuchtete"). – Eine Ecke abgeschürft und im Bundsteg etwas knapp, aber Text und Illumination unberührt und schön. Mit leichten Knickspuren, teils minimal beschabt, kaum mit Oberflächenverlust, wenige Wörter jedoch gering verwaschen. Die äußerst feine Miniatur ist bemerkenswert frisch und wohlerhalten.

Heinrich von St. Gallen
Extendit manum. Deutsche Handschrift auf Papier. Umfangreiches Fragment mit 117 Bl.
Los 863

Zuschlag
5.000€ (US$ 5,208)

Details

Beliebter Passionstraktat des Heinrich von St. Gallen
Heinrich von St. Gallen. Extendit manum. Deutsche Handschrift auf Papier. Umfangreiches Fragment. 117 Bl. 20-21 Zeilen. Schrift: gute, regelmäßige Gotische Bastarda in Sepia und Rot von einem einzigen Schreiber. Schriftraum: 11 x 6 cm. Format: 15,8 x 10,4 cm. Mit Rubrizierung (Unterstreichungen, Kapitalstrichelung). Geglättetes marmoriertes Leder (20. Jh.) mit wenigen Goldfileten auf dem Rücken. Schwaben (Buxheim oder Augsburg?), 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts.
Heinrich von St. Gallen wurde um 1350 in St. Gallen geboren. Nach seinem Studium und Lehrtätigkeit in Prag (bis 1397) wirkte er als Prediger und erfolgreicher volkstheologischer Schriftsteller im nord- bis westbairischen sowie im alemannischen Raum. Sein Passionstrakt ist eine sowohl drastische als auch einfühlsame Nacherzählung der Passionsgeschichte Jesu, so wie diese in den vier Evangelien überliefert ist und von mittelalterlichen Theologen erläutert wurde. "Bernhardisch-franziskanische Compassio-Mystik und scholastische Argumentationskunst, rührende Empfindsamkeit und krasser Naturalismus verbinden sich in dieser Passionshistorie von der Ankunft des Herrn in Bethanien bis zum Tod am Kreuz" (Hilg). Von diesem Werk sind mehr als 180 Handschriften überliefert, was seine Beliebtheit beim breiten Publikum eindeutig belegt.

Textanfang: "Hie hept sich an von dem aubent essen unsers herren ihesu christi und die ausslegung seines hayligen wirdigen leidens als es die hayligen lerer ez geschriben haben". Das Werk beginnt mit einer ausführlichen Darstellung des Letzten Abendmals des Herren mit seinen Aposteln, mit Erläuterungen aus Werken von Bernhard von Clairvaux ergänzt. Am Ende unvollständig. Textproben aus dieser Handschrift veröffentlichte J. Werlin (Stifter-Jahrbuch 6 (1059), S. 131-147, hier S. 132, 138-141). Auf einigen Seiten Randbemerkungen des 17. Jahrhunderts. – Einbandspiegel vorne mit Besitzstempel des Prof. Dr. Gerhard Eis (Heidelberg) und dessen Eintrag „Gekauft von Heinr. Hinterberger, Wien 3. III. 58“.
Provenienz: Kartause Buxheim. Antiquariat J. Halle (München). Heinrich Hinterberger (Wien). Sammlung Prof. Dr. Gerhard Eis, Hs. 134. Beschreibung im Handschriftencensus Nr. 24122.

Lot 864, Auction  124, Gloria patri et filio, Horae B.M. V. Einzelblatt aus einem spätmittelalterlichen Stundenbuch

Gloria patri et filio
Horae B.M. V. Einzelblatt aus einem spätmittelalterlichen Stundenbuch
Los 864

Zuschlag
460€ (US$ 479)

Details

Gloria patri et filio. Horae B.M. V. Einzelblatt aus einem spätmittelalterlichen Stundenbuch. Lateinische Handschrift auf Pergament. Schriftraum: 4,8 x 6 cm. Blattgröße 12,8 x 9 cm. Mit 21 (10 in Gold, 11 in Blau) Initialen mit rotem und violetten Federwerk, 2-zeiliger Goldinitiale auf Blaugrund mit Roter Füllung und weißem Federwerk sowie 1 großen 4-teiligen Schmuckbordüre in Gold und Farben mit einer Kreuzigungsdarstellung und Schlingwerk-Ausläufern in Blau, Rot und Grün. Nordwestfrankreich um 1430.
"Deus in adiutorium meum intende. Domine festina. Gloria patri et filio sicut erat in principio" - ein besonders hübsches Blatt auf bemerkenswert festem Pergament mit winziger, sehr hübscher Initiale, die Christus am Kreuz, umgeben von Maria und Johannes darstellt. – Vereinzelt etwas fleckig, gebräunt und angestaubt. Gold und Farben mit etwas Oberflächenabrieb, sonst nur geringe Gebrauchsspuren.

Libellus de penitentia
Libellus de penitentia. Deutsche Handschrift auf Papier
Los 865

Zuschlag
9.000€ (US$ 9,375)

Details

Bis dato unveröffentlichte Handschrift Libellus de penitentia
Libellus de penitentia (Traktat über die Buße). Deutsche Handschrift auf Papier. 26 Bl. 2 Spalten. 35-44 Zeilen. Schrift: Gotische Kursiva. Schriftraum: 22,5 x 14,2 cm. Format: 27,4 x 20,4 cm. Mit durchgehender Rubrizierung, Überschriften, Absatzmarken, 2-zeilige Initialen und Kapitalstrichelung in Rot. Schlichtes Halbleinen um 1950 (abgerieben, kleine Gelenkdünnungen). Schwaben im 2. Drittel des 15. Jahrhunderts.
Attraktive, gut gestaltete deutsche Handschrift auf Papier in einer regelmäßigen, flüssig geschriebene gotische Kursiva. Die Charaktermerkmale der Schrift lassen vermuten, dass die Handschrift im zweiten Drittel des 15. Jhs. entstanden ist. Die Schriftsprache verweist auf Südwestdeutschland als Herkunftsregion, vermutlich Schwaben im 2. Drittel des 15. Jahrhunderts.

Ursprünglich in deutsch-lateinischer Mischprosa abgefasster katechetischer Traktat, hier wie in mehreren anderen Handschriften nur dt. Text" (Eisermann). Textbeginn: "Moyses schreibt in dem puche der schopffung do gott in dem beginne himel und erden geschuff …" (Bl. 1r). Die merkwürdige Schlussformel des Textes nennt den lateinischen Titel: "Amen in gottes namen. Explicit libellus de penitentia ad laudem deii qu (!) sit benedictus. Orant voce pia dicentes Ave maria" ("Hier endet das Büchlein über die Buße zu Ehren Gottes, der gesegnet sei. Mit frommer Stimme beten sie ein Ave Maria").

Das unveröffentlichte Werk enthält eine ausführliche Betrachtung über die Buße; es richtet sich zuerst an Laien und dient zur Vorbereitung auf die Beichte. Die frühere Zuschreibung an Stephan von Kolin wird in der aktuellen Forschung nicht bestätigt (vgl. 1VL Bd. 4, Sp. 271-272), siehe hier auch Eis, Altgermanistische Beiträge, S. 317; Weidenhiller, Untersuchungen, S. 101-121; 2VL Bd. 2, Sp. 4f.
– Erste Seite stärker, sonst vereinzelt nur leicht fleckig oder gebräunt. Einige Blätter nachträglich im rechten sowie unteren Rand beschnitten, mehrere Blätter im unteren Steg angerändert, ohne Textverlust. Abgesehen von einer leichten Bräunung der Blätter 1r und 26v ist die Handschrift sehr gut erhalten. Beschrieben im Handschriftencensus Nummer 22126. Siehe Wolfram D. Sexauer, Frühneuhochdeutsche Schriften in Kartäuserbibliotheken. Untersuchungen zur Pflege der volkssprachlichen Literatur in Kartäuserklöstern des oberdeutschen Raums bis zum Einsetzen der Reformation (Europäische Hochschulschriften I, 247), Frankfurt u.a. 1978, S. 149.

Der Heidelberger Germanist und Mediaevist Gerhard Eis (1908-1982) trug auf dem Innenspiegel ein: "Verfasser könnte Stephan von Kolin sein, der 1383-1415 in Prag nachweisbar ist, s. Wieland Schmidt, Verf.Lex. IV, Sp. 27-272. Einmontiert ist ein masch. Angebot des Antiquariats "Jacques Rosental, Buch- und Kunstantiquariat, München 13, Tengstrasse 37" an Eis: "Sehr geehrter Herr Professor, Aus meinem Lager biete ich Ihnen freibleibend an: (Ansichtssendung bereitwilligst) Libellus de profecia, deutsch, Handschrift auf Papier. Schwäbisch, wahrscheinlich Buxheim. 15. Jh ... Der Schreiber (oder Verfasser?) nennt sich in der Schlussschrift folgendermaßen: Explicit libellus de profecia (?) ad laudem domini quem scripsit (?) Benedictus D (etwa 5 unleserliche Buchstaben, ein Name, der etwa Dusink oder ähnlich lauten könnte) voce pia dicente (1 oder 2 Buchstaben unleserlich), ave maria. Bl. 1 Initium: Moyses schreibt in dem puche des Schpöfung do got in dem beginne himel und erden geschuff ... Mit ergebener Begrüßung Jacques Rosenthal.". Beigegeben: Angebot und Rechnung vom Antiquar Jacques Rosenthal über die Hs. (1957); Notizzettel von Gerhard Eis mit Angaben zur Parallelüberlieferung; persönliches Schreiben von P. Rainer Rudolf SDS an Gerhard Eis (1972).

Provenienz: Möglicherweise aus der Kartause Buxheim stammend, dann im Katalog von Jacques Rosenthal, München (04/1957), sodann Sammlung des Heidelberger Germanisten Gerhard Eis mit dessen blauem Stempel auf dem Innendeckel und dessen Inventarnummer Hs. 105.

Horae BMV
Flämisches Stundenbuch in lateinischer Handschrift auf Pergament.
Los 866

Zuschlag
15.000€ (US$ 15,625)

Details

Besonders reich illuminiertes flämisches Stundenbuch
Horae BMV. - Flämisches Stundenbuch in lateinischer Handschrift auf Pergament. 162, 5 w. Bl. 20 Zeilen. Schriftraum: 6,6 x 4,8 cm. Format: 10,5 x 7,4 cm. Text in Sepia und Rot, mit Hunderten von 1-2-zeiligen Initialen in Blattgold, Blau und Rot mit Federwerk in Rot und Schwarz sowie in ornamentalen Umrahmungen in Rot, Blau und Schwarz mit Weißhöhungen, großen, 5-zeiligen Zierinitialen in goldschwarzer Federzeichnung auf nachtblauem, grasgrünem oder roséfarbenem Grund und 13 Miniaturen in Gold und Farben, jeweils mit der gegenüberliegenden Seite in prachtvollen belegten Bordüren in Gold und Farben, mit Blumen, Ranken, Blüten und Insektendarstellungen. Braunes Kalbsleder d. 17. Jahrhunderts (lediglich die Gelenke etwas brüchig und mit kleinen, sauber restaurierten Fehlstellen), reicher RVergoldung mit RTitel "Office de eglise", Stehkantenfileten, Deckelbordüren in dreifachen Goldfileten mit Eckfleurons und Innenkanten-Dentelles, dreiseitiger Goldschnitt. In modernem Lederschuber. Flandern um 1450.
Das Stundenbuch enthält das Kalendarium (Fol. 1-12) mit den bedeutenden Heiligen der römischen Kirche wie Stephan, Petrus und Paulus in Rot und mit einigen weiteren, sporadisch eingetragenen, weniger kommunen Heiligen wie Abdon und Sennen, Mauritus, S. Agnetis Virginis et Martyris, Willerum Episcopum, Valentin von Rätien, Gertrud von Helfta und andere mehr, darunter auch Aldegundis von Maubeuge, deren Gedenken am 30. Januar vor allem im nordostfranzösisch-südflandrischen Gebiet gefeiert wird, demnach man das Stundenbuch mit hoher Wahrscheinlichkeit in die Gegend bei Charleroi, Mons und Maubeuge lokalisieren kann, also in den südwestflämischen Raum. Aldegundis (630-684) stammt aus dem heute französischen Grenzstädtchen Cousolre, von wo sie nach Malbodium, dem heutigen Maubeuge ging. Dort gründete sie ein machtvolles Doppelkloster, dem sie als Äbtissin vorstand.

Die Ausstattung des Stundenbuchs ist bemerkenswert schön, so sind alle Kapitelanfänge mit verso einer überaus feinen Miniatur geziert, die in einen üppigen Goldbordürerahmen eingepasst ist, welcher wiederum auf der gegenüberliegenden Rectoseite weitergeführt wird so das sich die Sanctität von der Schrift des biblischen Wortes und dem Bild mit der Darstellung des szenischen Heilsgeschehens zu einer synoptisch erfassbaren Einheit ergänzen.

1. "Hic incipit horae sancte crucis" (S. 14r), Miniatur Kreuzigung mit den drei Marien und Johannes (13v).
2. "Incipit hore sancti spiritus" (S. 17r), Miniatur Pfingsten Ausgießung des Heiligen Geistes (16v).
3. "Incipit missae beate marie" (S. 21r), Miniatur Thronende Muttergottes zwische zwei Engeln (S. 20v).
4. "Incipiunt hore virginis marie ad visum romanum" (S. 32r), Miniatur Verkündigung an Maria im kostbaren Gehäuse (31v).
5. "Ad laudes" (43r), Miniatur Heimsuchung mit Maria und Elisabeth vor den Toren der Stadt (42v).
6. "Ad primam" (55r), Miniatur Geburt Christi im Stall von Bethlehem (54v).
7. "Ad primam" (58r), Miniatur Verkündigung an die Hirten (59v)
8. "Ad sextam" (64r), Miniatur Epiphanias, die Heiligen Drei Könige beten den Heiland an (63v).
9. "Ad nonam" (68r), Miniatur Herodes befiehlt den Bethlehemitischen Kindermord (67v).
10. "Ad vesperas" (73r), Miniatur Auszug nach Ägypten (72v)
11. "Ad completorium " (89r), Miniatur Darbringung Christi im Tempel (90v).
12. "Incipiunt septem psalmi" (87r), Miniatur König David im weiten Lande mit seiner Harfe (86v).
13. "Incipiunt vigilie mortuorum" (105r), Miniatur Totenfeier in einer Kirche mit drei Mönchen vor einem Katafalk (104v).
Es folgt die "Devota oracio ad beatam virginem mariam" (S. 153r) mit großer Blattgoldinitiale "O" auf Federwerk-Grund in rotblauem Kasten sowie floraler einseitiger Randbordüre. – Recht und oben beschnitten vor Neueinbindung am Ende des 17. Jahrhunderts in den heutigen Einband, dabei wurden die Bordüren teils leicht überschnitten (hin und wieder mit Verlust der Umfassungslinie und geringem Bordüreverlust). Vereinzelt wenige Gebrauchsspuren wie leichte Fingerflecke, Braunfleckchen, Knicke oder Bereibungen. Jedoch sind nur wenige der Zierseiten oder gar der Miniaturen von Farbabrieb betroffen, sondern zumeist in sehr guter Erhaltung, grandioser, leuchtender Farbigkeit und einem immensen Detailreichtum, das immer wieder über die Kunst der Miniaturisten ihrer Zeit staunen lässt.

So wurden auch die prachtvollen breiten Bordüren in schwarzen Umfassungslinien vor flächigem Pinselgoldgrund mit zahlreichen verschiedenen grünen Ranken und feinstem Blumendekor mit Veilchen, Diesteln, Margeriten, Nelken und Mohnblumen ausgeschmückt, in denen sich immer wieder auch Insekten wie hübsche gelbe, rote, blaue und roséfarbene Schmetterlinge und braune wie weiße Falter tummeln, und verschiedene Vögel tummeln.
Provenienz: Aus dem Besitz des belgischen Bibliophilen Carlo de Poortere (1917-2002), dann süddeutscher Privatbesitz. Vorsatz mit Exlibris: "Ex Libris Carlo de Poortere". Die Sammlung des Teppichfabrikanten und großen Bibliophilen Poortere war 2014 in Paris versteigert worden.

Livinus von Gent, Sankt
Vita. Lateinische Handschrift auf Pergament
Los 868

Zuschlag
340€ (US$ 354)

Details

Aus dem Antiquariat von Bernard Rosenthal
Livinus von Gent. Vita des Heiligen. Fragment einer lateinischen Handschrift auf Pergament. 2 S. auf 1 Bl. 2 Spalten. 23 Zeilen. Schrift: Textura. Format: 13,5 x 20,3 cm. Niederlande, 15. Jahrhundert.
Fragment aus der Heiligenlegende, hier das Leben des Heiligen Livinus von Gent (580-657; Migne, Pat.Lat., LXXXVI 40, und LXXXIX 385). – Beschnitten mit Randläsuren, etwas wurmlöchrig, mit Braunfleck. Minimale Fehlstelle, kleiner Teil mit einem Schnipsel der Handschrift überklebt (etwas Textverlust). Dennoch ist der vorhandene Text sehr klar und sehr gut lesbar (eine kleine Braunspur mit etwas Tintenverwischung). Provenienz: Bernard Rosenthal 1977. The Marvin L. Colker Collection, London.

Verbannungsandrohung
An den Piraten Giuliano Gattilusio
Los 869

Zuschlag
4.200€ (US$ 4,375)

Details

Bericht über die Untaten des Mittelmeerpiraten Giuliano Gattalusio
Verbannungsandrohung. An den Piraten Giuliano Gattilusio. Lateinische Handschrift auf Pergament. 2 S. auf 1 Doppelbl. 49 Zeilen. Schrift: Kanzleirotunda. Schriftraum: 15,2 x 21,6 cm. Format: 33 x 23,3 cm. Mit einer 20-zeiligen Zierinitiale. Italien, 13. XI. 1458.
Exkommunikationsbulle wohl als zeitgenössische Aktenkopie aus einem größeren Manuskript (möglicherweise aus dem Schluss, das zweite Blatt ist leer). Ausgestellt in der Hafenstadt Ancona im Namen des italienischen Geistlichen und Bischofs von Pavia Giovanno Castiglione (1420-1460; Kardinal ab 1457), wegen der Gesetzlosigkeit des berüchtigeten Mittelmeer-Piraten Giuliano Gattilusio (ca. 1435-1480). "Johannes de Castiliono Miseratione divina sa[ncti] Clementis Cardi[nalis] ac Universis [...] Quibusdam superioribus mensibus dum Julianus quidam Gattalusius notatus post captas piratico inore certas naves et multis cum gladio inemptis tum mari submersis [...]" (etwa: "In einigen vorangegangenen Monaten war ein gewisser Julian Gattalusius aufgefallen, nachdem mehrere Schiffe von Piraten gekapert worden waren und viele [der Seemänner] mit dem Schwert gefangen [wurden] und im Meer ertrunken waren."

Siehe: Enrico Basso. Il mare di San Giorgio. Studi su Genova e l'Egeo nel Basso Medioevo. Genua 2021 (Quaderni della Società Ligure di Storia Patria, Band X), S. 72, Anm.: "Giuliano Gattilusio wird zusammen mit Scarincio und anderen unter den großen Piraten dieser Zeit genannt, auch von dem florentinischen Chronisten Benedetto Dei, einem langjährigen Agenten der Medici am osmanischen Hof, erwähnt". – Kaum fleckig oder knittrig, ausgesprochen schön und sauber geschrieben. Provenienz: Quaritch 2000. The Marvin L. Colker Collection, London.

Dornblattranken
6+1 Einzelblätter aus französischen Stundenbüchern, davon 4 mit Dornblattranken-Bordüren
Los 870

Zuschlag
500€ (US$ 521)

Details

Dornblattranken. 6 Einzelblätter aus französischen Stundenbüchern, davon 4 mit Dornblattranken-Bordüren. Lateinische Handschrift auf Pergament. Ca. 15 x 11 cm. Mit zahlreichen Initialen, Zeilenfüllern Buchschmuck in Gold und Farben, Text in Schwarz und Rot. Alle Blätter unter Passepartout. Frankreich zwischen 1460 und 1480.
Sehr dekorative, in leuchtendem, schimmerndem Blattgold gezierte Einzelblätter aus spätmittelalterlichen Handschriften aus der Gegend um die Ile-de-France, darunter ein Blatt mit einer großen 2-zeiligen Schmuckinitiale "B" mit über die Ecke sich ausbreitender Dornblattbordüre sowie zwei hübsche Kalenderblätter mit Goldlettern "KL"und den Festtagen der Heiligen. – Kaum Gebrauchsspuren, sehr schön. – Dazu: Livre d'heures. Einzelblatt mit einer Wappenmalerei in Gold und Farben auf Pergament. Ca. 15,5 x 11 cm. Frankreich um 1460. - Streifenwappen in Rot-Blau zu Flanken eines grünen Baumes, um den sich das Schriftband mit den Namen windet: "A.V. Dessys - R. de Bell".

Lot 871, Auction  124, Rhetorisches Lehrgedicht, Lateinische Handschrift auf Papier.

Rhetorisches Lehrgedicht
Lateinische Handschrift auf Papier.
Los 871

Zuschlag
1.000€ (US$ 1,042)

Details

Rhetorisches Lehrgedicht. Lateinische Handschrift auf Papier. 8 nn. Bl. 8 Zeilen. Schrift: Bastarda kursiva. Schriftraum: 10 x 7,8 cm. Format: 14,8 x 11 cm. Flexibler Umschlag unter Verwendung eines Stückes reich blindgeprägten Schweinsleders d. Z. (nur leicht fleckig) mit einer Tugendrolle mit "Prudentia", "Iustitia", "Verita", "Fortitudo", "Spes", "Fides" und "Caritas". Deutschland um 1460.
Aus dem privaten Besitz des Bibliothekars der Freisinger Dombibliothekars Dr. Simon Höpfl, Freising, der es dem Gemanisten und Mediaevisten Prof. Dr. Gerhard Eis (1908-1982) schenkte, der es wiederum in seine Sammlung unter der Signatur "Eis 76" aufnahm und erforschte, wozu er auf dem Vorsatzblatt zahlreiche Einträge mit Bleistift vermerkte.
Enthalten sind 16 Seiten auf acht Blättern (später mit Bleistift foliiert) einer wohl deutschen Handschrift in sauberer, jedoch weitestgehend abgekürzter Renaissance-Bastarda – Separat gebundenes Makulatur-Material mit entsprechenden Leimspuren, Wurmlöchern (nur vereinzelt mit Textverlust), hin und wieder etwas Oberflächenabrieb mit leichtem Verlust, stärker gebräunt und fleckig. Höchst interessantes Studienmaterial, zudem die wissenschaftliche Untersuchung in der Identifikation des Textes noch weitgehend aussteht.

Livre d'heures
3 illuminierte Einzelblätter eines nordfranzösischen Gebetbuchs
Los 873

Zuschlag
600€ (US$ 625)

Details

Livre d'heures. 3 illuminierte Einzelblätter eines nordfranzösischen Gebetbuchs. Lateinische Handschrift auf Pergament. 6 S. auf 3 Bl. 17 Zeilen. Schrift: Gotica textualis. Schriftraum: 7,4 x 5 cm. Ca.12,8 x 8,6 cm. Mit 9 2-zeiligen Goldinitialen auf farbigem Kastengrund in Rot, Blau und Grün, Rubrizierung, blassrote Reglierung und 7 Randminiaturen mit Blumen und Tieren. Unter Passepartouts. Frankreich um 1465.
Einzelblätter aus einem bemerkenswert schön illuminierten französischen Stundenbuch auf äußerst feinem Pergament höchster Qualität. Dieser entsprechen auch die Buchmalereien, hier als belebter Randelemente. Man sieht einen grünen Sperling, eine rote, goldgehöhte Nelke, einen prachtvollen Schmetterling, einen filigranen blau-grün schillernden Pfau, der nach einer großen Spinne pickt, die aus violettem Federwerk gezeichnert wurde, ferner einen Adler mit rotem Bauch und blauem Gefieder, der auf einer Blütenranke sitzt und einiges mehr. – Wenige Randläsuren, kaum gebräunt, sehr schön.

Lot 874, Auction  124, Hic est Martinus, electus Dei pontifex, 2 Einzelblätter aus einer großen Antiphonale-Handschrift

Hic est Martinus, electus Dei pontifex
2 Einzelblätter aus einer großen Antiphonale-Handschrift
Los 874

Zuschlag
300€ (US$ 313)

Details

Martinus bekennt seinen Glauben an die heiligste Dreifaltigkeit
"Hic est Martinus, electus Dei pontifex". 2 Einzelblätter aus einer großen Antiphonale-Handschrift, prachtvoll illuminiert mit Text und Notation. Lateinische Handschrift auf Pergament. 4 S. auf 2 Bl. 10 Zeilen. Schrift: Gotica textualis. Schriftraum: 44 x 30 cm. Format: 59 x 41 cm. Mit Rubrizierung, 5 Zierinitialen in Rot und Blau und 9 schwarze Bandzugfeder-Initialen in fünffarbigem Gesprenge Grün, Rot, Blau, Gelb und Rosé sowie 2 großen 2-zeiligen Zierinitialen in Gold auf Braungrund und in blauen Kästen mit goldenen Rahmen. Mittelitalien um 1480.
Zwei Einzelblätter aus einer Handschrift mit prachtvollen Zierinitialen "Q" und "H" und Texten aus dem Gregorianischen Choralrepertoir: "Hic est Martinus, electus Dei pontifex, cui Dominus post apostolos tantam gratiam conferre dignatus est. Ut in virtute trinitatis deificae mereretur fieri, trium mortuorum suscitator magnificus." ("Dies ist Martinus, erwählter Bischof Gottes, dem der Herr nach den Aposteln eine solche Gnade verliehen hat, dass es durch die Kraft göttlicher Dreieinigkeit geschah und er drei Tote wundersam erwecken durfte".
Das zweite Blatt: "Quo progrederis sine filio, pater? quo, sacerdos sancte, sine ministro properas? Wohin gehst du ohne deinen Sohn, mein Vater?" ("Wohin, heiliger Priester, eilst Du ohne Messdiener?").
Die romanische Quadratnotation auf noch vierzeiligem, roten System Dieses und auch der Ornamentstil der Initialen verweist auf Mittelitalien knapp vor der Wende zum 16. Jahrhundert. – Kaum wellig oder angestaubt, sehr schöne, bemerkenswert wohlerhaltene, dekorative Blätter.

Lot 875, Auction  124, Stundenbuchblätter, 3 Einzelblätter. Lateinische Handschrift

Stundenbuchblätter
3 Einzelblätter. Lateinische Handschrift
Los 875

Zuschlag
300€ (US$ 313)

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Kämpfender Bär mit Schwert und Schild und Schnecke
Stundenbuchblätter. 3 Einzelblätter. Lateinische Handschrift auf Pergament. Titel. 3 Bl. 18 Zeilen. Schrift: Gotica textualis. Schriftraum: 10 x 6 cm. Format: 18,5 x 12 cm. Mit Rubrizierung, 26 1-2-zeiligen illuminierten Initialen, 10 Zeilenfüllern und 6, die Kolumne begleitenden Bordüren mit Blattranken und Akanthuswerk und farbigen Blüten in Rot, Blau, Grün und Gold sowie 2 Grotesken, eine Schnecke und ein Bär mit Schwert und Schild. Nordfrankreich (womöglich Paris), um 1480.
Drei Blätter aus einem üppig mit bemerkenswert qualitätsvoller Illumination geziertes, sicherlich in der Gegend um Paris bzw. die Ile-de-France entstandenes livre d’heures. Die breite Seitenbordüre auf allen sechs Seiten. – Ränder gebräunt und mit Wasserrand. Geringe Knickspuren.

Johann von Indersdorf
Die Tobiaslegende. Deutsche Handschrift auf Papier.
Los 877

Zuschlag
30.000€ (US$ 31,250)

Details

Datierte Buxheimer Handschrift der Tobiaslehre in einem Einband der Ulmer Dinckmut-Werkstatt
Johann von Indersdorf. Die Tobiaslegende. Deutsche Handschrift auf Papier. 174 Bl. Ca. 20-26 Zeilen. Schrift: Kursiva in Sepia und teils in Rot. Schriftraum: meist 15,8 x 11 cm. Format: 21,5 x 15,2 cm. Mit durchgehender Rubrizierung, roten Zwischentexten, Überschriften, Kapitalstrichelung und Unterstreichungen. Blindgeprägtes braunes Kalbsleder d. Z. (mit Kratzern, Fehlstellen, Ergänzungen, Abrieb und Bestoßungen) über 3 Doppelbünden und kantigen Holzdeckeln (ohne die Schließe, sauber restauriert). Süddeutschland (Schwaben, Kartause Buxheim) datiert 1487.
Saubere und vollständige Handschrift mit zwei Werken des Augustiner Chorherren und Propst des oberbayerischen Klosters Indersdorf, Johann Rothuet von Indersdorf (1382-1470): "Von dreierlei Wesen der Menschen" und "Fürstenlehren mit Tobiaslehre". Während vom erstgenannten Werk noch 43 Handschriften vorhanden sind, sind die "Fürstenlehren mit Tobiaslehre" in nur 12 Handschriften erhalten geblieben. Johannes von Indersdorf hatte einen hervorragenden Ruf als Klosterreformator bayerischer Augustinerstifte. Sein literarisches Schaffen stand im Dienst der Klosterreform und der Seelsorge. Ab 1436 war er Beichtvater und Seelenführer des Herzogs Albrecht III. von Bayern-München. Zur geistig-mystischen Orientierung des in schweren seelischen und dynastischen Nöten geratenen Herzogs Albrecht und seiner Frau Anna von Braunschweig, schrieb Johann 1440 "Von dreierlei Wesen des Menschen". Die "1437 entstandene 'Tobiaslehre' behandelt und erläutert die fürstlichen Standespflichten und deren Zusammenhang mit der gottgewollten Weltordnung vor allem durch Beispiele aus dem neuen Testament" (Stöllinger-Löser). Die "Tobiaslehre" wurde anhand dieser Handschrift 1963 von Gerhard Eis veröffentlicht (Neophilologus 47 (1963), S. 198-209).

Bemerkenswerter Weise nennt sich der Schreiber der Handschrift, die in flüssiger und sehr leserlich geschriebener kursiver Schrift in Sepia und teils in Rot abgefasst wurde, als "Ulrich Dorelin" (Bl. 163r). Somit wurde die Handschrift fertiggestellt "am Festtag der heiligen Dorothea" (6. Februar) 1487 (Bl. 163r und 174v).

"Die sogenannte 'Tobiaslehre' ist zusammen mit den Fürstenlehren von dem Indersdorfer Augustiner-Chorherrn Johannes Rothuet für Herzog Albrecht III. von Bayern-München verfasst worden [...]. Johannes Rothuet war 1436 als Beichtvater und Seelenführer für den jungen Herzog berufen worden, nachdem dessen unstandesgemäße Gemahlin Agnes Bernauer durch seinen Vater hingerichtet worden war. Albrecht hatte sich durch diese morganatische Ehe an seinen Standespflichten als Fürst vergangen. Die 1437 entstandene 'Tobiaslehre' behandelt und erläutert die fürstlichen Standespflichten und deren Zusammenhang mit der gottgewollten Weltordnung vor allem durch Beispiele aus dem Alten Testament. Nur das erste Kapitel basiert auf den an seinen Sohn gerichteten Lehren des sterbenden Tobias (Tb 4,2-20); die Kapitel 2 bis 6 beziehen sich mit Negativbeispielen auf die zwei Bücher der Könige (I und II Sm; über Hely, Saul, David, Salomon und Roboam), Kapitel 7 handelt von frommen Herrschern früherer Zeiten, deren geistliche Stiftungen von ihren Nachfahren nicht mehr beachtet werden, Kapitel 8 und 9 unter Berufung auf (Pseudo-)Augustinus über den Tugendadel im Gegensatz zum gesellschaftlichen Adel, der nur äußerlich in Namen und Wappen als solcher erscheine, das abschließende Kapitel 10 belehrt über rechte Kindererziehung und den Umgang mit Kinderlosigkeit. Die Lehren des Aristoteles an Alexander sind in mehreren Handschriften zusätzlich eingefügt, jeweils an unterschiedlichen Stellen (vgl. Gehr [1926] S. 21 ff.)" (Christine Stöllinger-Löser, in: Geistliche Lehren und Erbauungsbücher, KdiH-Band V, 44.7).

Überliefert wurde der Text in bis heute 25 bekannten Handschriften inklusive der vorliegenden (vgl. Bernhard D. Haage: Johannes von Indersdorf. In: 2VL 4 [1982/83] Sp. 647-651). Vgl. Gerhard Eis, Die Tobiaslehre des Johannes von Indersdorf, Neophilologus 47 (1963), S. 798-209. – Vorsätze mit Einträgen und hinten mit Federproben, kaum fleckig, selten mit Gebrauchsspuren, bemerkenswert breitrandig und im urprünglichen Einband einer Ulmer Buchbinderwerkstatt, die mit der Druckerei und Werkstatt des Konrad Dinkmuth zu Ulm identifiziert werden kann (EDB w000070 Kyriss 126). Die markante, wunderschöne Drachenrolle mit mehreren Tieren wie Hunden, und die beiden Hälse kreuzenden Drachen verwendete (EDB 500086s und r000133), die hier zwischen fünfachen Fileten die Einbanddeckel rahmt. Derselben Werkstatt können wir folgende Stempel zuweisen: Steigender Hirsch (m002157), Rautenranken mit Besatz gefiedert (s005199; Kyriss 126, Tafel 253, 2 und 6), Lilie in Raute (s004973), Knospenstaude (s004995). Vgl. auch Schwenke-Schunke II, 261.

Provenienz: Exemplar der Kartause Buxheim, dann Privatsammlung Eduard Langer, Braunau (Böhmen), Ms. 374 und schließlich Sammlung Prof. Dr. Gerhard Eis, Heidelberg, Hs. 113, der die Handschrift 1957 in dem Wiener Antiquariat Heinrich Hinterberger erworben hatte. Mit dem Stempel von Eis auf dem VDeckel und dessen Einträgen. Vgl. den Beitrag von Gerhard Eis. Altgermanistische Beiträge zur geistlichen Gebrauchsliteratur. Bern 1974, S. 190-201. Beschreibung im Handschriftencensus Nr. 8524.

Lot 878, Auction  124, Wolgemut, Michel, Fragment aus dem "Liber chronicarum"

Wolgemut, Michel
Fragment aus dem "Liber chronicarum"
Los 878

Zuschlag
220€ (US$ 229)

Details

Wolgemut, Michel. Maria zwischen Ecclesia und Synagoge. Holzschnitt aus dem "Buch der Chroniken" des Harmann Schedel. Kolorierter Holzschnitt. 25,5 x 18 cm. Konturbeschnitten. Nürnberg, Anton Koberger, 1494.
Die allegorische Darstellung der Muttergottes mit dem Jesuskind zwischen den fremden Religionen bzw. teuflische Götzen anbetenden Völkern: Links die Juden der Synagoge (mit dem dem Davidstern auf einer Fahne über einer Triumphsäule) und rechts auf einer Säule der Teufel mit dem Pentagramm, der seinerseits von Götzendienern angebetet wird. – Auf die rote Einfassungslinie beschnittener Holzschnitt, leicht berieben mit kleiner Fehlstelle am unteren Rand, etwas fleckig und Verso mit Montageresten.

Lot 879, Auction  124, Schedel, Hartmann, Vedute der Stadt Florenze  aus dem "Liber chronicarum"

Schedel, Hartmann
Vedute der Stadt Florenze aus dem "Liber chronicarum"
Los 879

Zuschlag
800€ (US$ 833)

Details

Schedel, Hartmann. Vedute der Stadt Florenz aus dem "Liber chronicarum". Doppelblattgroßes Einzelblatt mit großer Stadtansicht sowie einigen weiteren figürlichen Textholzschnitten. 44 x 62 cm. Nürnberg, Anton Koberger, 1493.
Die Darstellung zeigt die italienische Stadt Florenz unter dem lateinischen Namen "Florencia". – Leicht braun- und fingerfleckig an der Mittelfalz leicht berieben und verstärkt, sonst gut erhalten.

Schedel, Hartmann
Weltchronik. 2 Einzelblättert aus Schedels "liber cronicarum"
Los 880

Zuschlag
340€ (US$ 354)

Details

Schedel, Hartmann. Liber Chronicarum. 2 Einzelblätter aus Schedels Weltchronik. Mit 5 koloriertenTextholzschnitten von Michael Wohlgemut u. a. 41,5 x 28,5 cm. Nürnberg, Anton Koberger, 1493.
Dargestellt sind verschiedene Stammbäume, die Szene "Lot flieht aus Sodom" eine Stadtansicht von Ninive und weitere. – Etwas stock-, braun- und feuchtfleckig, mit teils hinterlegten kleineren Einrissen. Dekorative Blätter mit kräftigem Kolorit.

Lot 881, Auction  124, Livre d'heures, 4 Einzelblätter aus einem gedruckten Stundenbuch

Livre d'heures
4 Einzelblätter aus einem gedruckten Stundenbuch
Los 881

Zuschlag
340€ (US$ 354)

Details

Livre d'heures. 4 Einzelblätter aus einem gedruckten Stundenbuch auf Pergament mit zahlreichen kolorierten und goldgehöhten-Bordüre-Miniaturen in Metallschnitt. Ca. 15 x 10 cm. Unter farbige Leinenpassepartouts montiert (3) bzw. mit Passepartout unter Glas in vergoldeter Holzleiste gerahmt (1). Frankreich, wohl Ile-de-France um 1500.
Vier Blätter aus einem reich gezierten und sorgsam kolorierten Stundenbuch mit zahlreichen figürlichen und szenischen Metallschnitt-Miniaturen von ca. 4 x 2,5 cm, darunter Heimsuchung, Beweinung Christi (Pietà), Kreuzabnahme, Heilige Veronika, Martyrium des Heiligen Sebastian, Pfingswunder, Anbetung des Lammes etc. – Kaum fleckig, kaum Gebrauchsspuren.

Lot 882, Auction  124, Resurrexit, et adhuc tecum sum. Alleluya. Prachtvolles Einzelblatt mit dem Beginn der Gesänge zur Auferstehung Christi aus dem Halleluja.

Resurrexit
et adhuc tecum sum. Alleluya. Prachtvolles Einzelblatt mit dem Beginn der Gesänge zur Auferstehung Christi aus dem Halleluja.
Los 882

Zuschlag
750€ (US$ 781)

Details

In feinster Federornamentik in Rot und Violett mit Grotesken
Resurrexit, et adhuc tecum sum. Alleluya. Prachtvolles Einzelblatt mit dem Beginn der Gesänge zur Auferstehung Christi aus dem Halleluja. Aus einer liturgischen Choralhandschrift in lateinischer Sprache auf Pergament. Format 57 x 41,5 cm. Italien um 1500.
Prachtvolles Einzelblatt mit dem Beginn der Gesänge zur Auferstehung Christi, der Introductio "Ich bin auferstanden und bin immer bei dir. Halleluja", spricht der Herr, unser Gott. Die Seite ist von einer außergewöhnlich schönen Bordüre in feinster violetter Federzeichnung mit roten Blütenzeichnungen eingerahmt, die ein Guilloche-Ornament bildet, in dessen Tondi zahlreiche stilisierte Blumen und unten sogar einige Tiere wie ein Affe mit langem Schwanz, einem Reiher, einem Adler und weiteren, sehr phantasievollen, teils gar apotropäischen Raubvögeln zeigen (teils in der Zeichnung leicht abgerieben). Im Zentrum des Schmuckes steht die bemerkenswert große und außergewöhnlich feine Zierinitiale "R", die in einen Kasten aus rotem Rankenwerk eingepasst ist und deren Balken eine besonders phantasievolle florale Gestaltung aufweist, die selbst den kühnsten Entwürfen heutiger Fantasy-Comiczeichner das Staunen lehren kann.
Interessant sind auch die Notationen in romanischen Quadratnoten auf fünlinigem roten System und der Worte (teils ist das Schwarz der Buchstaben abgerieben), die mit einer roten Harmonielinie, vielleicht als Kontrapunk verbunden sind. – Ränder teils etwas knittrig, mit kleinen Löchlein, etwas knapp beschnitten, wenig Abrieb, sehr schön.

Lot 883, Auction  124, Alles des myniclichen gepettes, Spätmittelalterliches Gebetbuch. Deutsche Handschrift auf Papier

Alles des myniclichen gepettes
Spätmittelalterliches Gebetbuch. Deutsche Handschrift auf Papier
Los 883

Zuschlag
900€ (US$ 938)

Details

Spätmittelalterliches Reise-Taschengebetbuch mit frühneuhochdeutschen Gebeten
"Alles des myniclichen gepettes" (Incipit; ndh.: "Alle anmutigenden Gebete"). Spätmittelalterliches kleines Gebetbuch mit mehreren Gebeten in neuhochdeutscher Sprache. Deutsche Handschrift auf Papier. 23 S. auf 12 nn. Bl. 14-16 Zeilen. Schrift in blasser Sepia: Bastarda. Format: 12 x 8,2 cm. Flexibler Broschurband um 1930 unter Verwendung eines Fragments einer lateinischen Liturgie-Handschrift des 15. Jahrhunderts(fleckig, angestaubt, berieben und gedunkelt) mit neuerem Tintentitel "Deutsche Gebete". Deutschland (Oberrhein?) um 1500.
Hübsches, kleines Gebetbuch für die Tasche oder die Reise mit mehreren deutschen Gedichten in frühem Neuhochdeutsch und in einer klaren, blass-sepiafarbene Bastarda-Duktus auf Papier, von mindestens drei Händen. Es handelt wohl um einen in sich abgeschlossene Teil. Mehrere Gebete konnten auf Texte zurückgeführt werden, die beispielsweise auch Johann Knobloch in seinem Hortulus Anime von 1507 veröffentlicht hat (vgl. hier die Forschung von Werlin, s.u.). Man liest u. a.:

1r "alles des myniclichen gepettes und der volkumnen werck deines gepornen suns des himels und der erden".

3r "jnwendig und außwendig und beger lieber her das du mein sel besytzen wellest als ain Kunig seins reichs und all mein sein und all mein ungeorde lieb außker, die ich gethan wider dein ere" (frei übersetzt vielleicht: "Begehre, fordere, lieber Gott, meine Seele zu besitzen wie ein König sein Reich und dass Du all meine ungeordnete Liebe, mein machtloses Ansinnen auskehrst, das ich gegen Deine Ehre erhoben habe").

10v "Deiner tieffen durchgestochen wunden, die du durch meinen willen empfangen hast und beger, das du mit dem süßen safften deiner honig fliessenden wunden durchfliessest di viel vergifften wunden und sünden meiner unbekanten verserter wunden und sünden das die zu grunt behailt werden und mein sel zu der Krafft deines (werden) unvergo(l)ten und Rosen farben plutes ander waid (anderswo) davon getaft (getauft?) werde".

12v "Nun sprich zu dem Recthen Fuß mit andacht. Vater zw. kum dein Reich, o vater und herr kunitsreichs und ertreichs (ertrage es) ich dein schande, arme natur und Creatur, dankck dir der mynne, das du mich zu deinem Reich beschaffen hast, und Bekenne, das dein Reich in mir zw. stark ist". – Blatt 1 mit alt hinterlegtem Randausschnitt (ohne Textverslust), sonst nur geringe Gebrauchsspuren, Tintenwischer o.ä. Vorderer Innendeckel mit Stempel "Prof. Dr. Gerhard Eis", dessen Signatur und Unterschrift "H. 52 GEis" sowie der eigenhändigen Angabe: "Aus einer Ausgabe des Hortulus anime von 1507", auf dem letzten fliegenden Vorsatzblatt: "Josef Werlein, Das Fragment einer gebetsartigen Betrachtung des Paternosters, in: Neuphilosophische Mitteilungen Jg. 65 (1964), S. 45-53. Beiliegt ein Blatt mit einer weitgehenden Transkript von der Hand des Gerhard Eis.

Lot 884, Auction  124, Johannes der Apokalypse, Einzelblatt aus einen gedruckten Stundenbuch auf Pergament

Johannes der Apokalypse
Einzelblatt aus einen gedruckten Stundenbuch auf Pergament
Los 884

Zuschlag
300€ (US$ 313)

Details

Johannes der Apokalypse. Einzelblatt aus einen gedruckten Stundenbuch auf Pergament. Mit Metallschnittbordüre und großer, goldgehöhter Deckfarbenminiatur über Holzschnitt (um den Rand beschnitten). 19 x 11 cm. Wohl Paris, Antoine Verard, 1502.
Prachtvolle Deckfarbenmalerei mit zarter Goldhöhung über Holzschnitt aus einem Pariser Stundenbuch von 1500. Die Szene zeigt den heiligen Johannes der Apokalypse mit Segensgestus und in seiner Linken den goldenen Kelch mit der Schlange und dem Weltenrichter als König mit Szepter, orientalischer Mütze und Hermellin-Mantel vor einer hölzernen Thronarchitektur und einer steinernen Säulenhalle, vor der weitere, akklamierende Figuren erscheinen, während zwei geschlagene Menschen zu Boden gesunken sind und der Löwe Johannes anschaut. – Geringer Oberflächenabrieb, teils kleine Wischer, insgesamt außergewöhnlich dekorativ und in leuchtender Farbigkeit und schillerndem Pinselgold.

Johannes von Neumarkt
Gebetbuch. Tagzeitentraktate. Fragment einer deutschen Handschrift auf Papier
Los 885

Zuschlag
16.000€ (US$ 16,667)

Details

Autographe Niederschrift "Der große und der kleine Rosenkranz“
Rosenkranz. "Der große Rosenkranz" (Bl. 2v-154v, 162r-163v) [und] "Der kleine Rosenkranz" (Bl. 154v-162v). Deutsche Handschrift auf Papier. 163 Bl. 17-26 Zeilen. Gotische Bastarda von zwei oder drei Händen. Schriftraum: 13,8 x 10 cm. Format: 13,5 x 10 cm. Reich blindgeprägtes braunes Leder um 1530 über abgefasten Holzdeckeln (beschabt und bestoßen, Fehlstellen ergänzt und sauber restauriert, einige wenige Kratzer, ohne die Schließbügel). Südwestdeutschland, 1517.
Der "Große Rosenkranz" ist ein spätmittelalterlicher Gebetszyklus mit einigen Dutzend Anrufungen überwiegend frühchristlicher und mittelalterlicher Heiligen. Der Zyklus gliedert sich nach einer kurzen Einleitung in acht Gruppen von je zehn Pater noster und Ave Maria und je einem Glaubensbekenntnis (s. Werlin 1967, S. 386f.).

Am Schluss des Zyklus finden sich Hinweise auf das Entstehungsjahr (1517) des Textes (Bl. 154rv): "Dißer vorgeschriben himelsch roßen krantz ist angefangen worden zü dichtten vnd zu schriben in dem yor, do man zalt von Christus geburt xvc vnd xvii yor noch osteren an sant mayen tag des helgen ewangelisten vnd wart vß gedichttet vnd geschriben in dem selben xvii yor vf der helgen mutter sant anna tag von der geistlichen schwester, der namen vnd der orden vnd dz closter, in dem die person dißen himelschen roßen krantz gedichttet vnd geschriben hat, ist alles got dem almechttigen wol erkannt als dan in der vor red vor dißem himelschen roßen krantz ouch geschriben ist."

Es handelt sich offensichtlich um ein Autograph einer Nonne, die weder ihren eigenen, noch den Namen ihres Klosters (eines Franziskanerinnenklosters?) verraten möchte. Eine Herkunft aus Nürnberg ist aus sprachlichen Gründen unwahrscheinlich. Der Text wohl nur in dieser Handschrift überliefert, so dass es sich aller Wahrscheinlichkeit nach hier um einen autographen Text des Schreibers, bzw. des Verfassers handelt. Teilausgabe (von J. Werlin, nach dieser Handschrift) in: Neophilologus 51 (1967), S. 382-391. Zu der Handschrift s. Eis/Vermeer, FS Thomas Kaeppeli, Bd. 1, S. 391-393.

"Die Blätter 162 und 163 stehen seit alters her an falscher Stelle und sind zwischen Blatt 77 und 78 einzuordnen, wie aus einem von der Schreiberin angebrachten Verweiszeichen hervorgeht" (so Eis/Vermeer, S. 392).

Bei dem hübschen, mit Rollenstempeln verzierten Einband handelt es sich nicht um eine Remboîtage, sondern um eine geschickte restauratorische Verkürzung. Dem Einband wurden in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts zwei kodikologische Einheiten entnommen, die neu gebunden wurden und eine eigene Signatur erhielten (Hs. 106 und Hs. 107 in der Sammlung Eis). Der Band mit Tugendrolle und hübscher Mittelplatte mit einer Kreuzigung (wohl einst goldgeprägt, Relief nunmehr stärker abgerieben). – Vorsatz mit blauem Stempel und Nummer der Slg. Eis und hs. "Cod. 117" sowie mit Einträgen. Teils sehr knapp beschnitten (meist ohne Buchstabenverlust), gelegentlich etwas fleckig, mit wenigen Tintenwischern und Gebrauchsspuren.
Literatur: Gerhard Eis, Geistliche Lyrik des späten Mittelalters aus unbekannten Handschriften, in: Euphorion 53 (1959), S. 441-455, hier S. 445f. (mit Abdruck des Mariengrußes). Derselbe, Priamelstudien. Interpretationen und Funde, in: Festschrift für Franz Rolf Schröder zu seinem 65. Geburtstage, hg. von Wolfdietrich Rasch, Heidelberg 1959, S. 178-195, hier S. 190.
Provenienz: Nürnberg, Katharinenkloster (?); Antiquariat J. Halle (München); Eduard Langer, Braunau, hier Nr. 703. Antiquariat Heinrich Hinterberger (Wien); Prof. Dr. Gerhard Eis (Heidelberg), hier Hs. 131. Beschreibung im Handschriftenzensus Nr. 15812. Beschreibung im Portal "Predigt in Kontext" (https://pik.ku.de/12434).

Lot 886, Auction  124, Entrate inter gentes, 3 Einzelblatter aus frühneuzeitlichen liturgischen Monumentalhandschriften

Entrate inter gentes
3 Einzelblatter aus frühneuzeitlichen liturgischen Monumentalhandschriften
Los 886

Zuschlag
460€ (US$ 479)

Details

Entrate inter gentes. 3 Einzelblätter aus frühneuzeitlichen liturgischen Monumentalhandschriften. Lateinische Handschrift auf Pergament. Ca. 58 x 42,5 cm. Text in Schwarz und Rot mit romanischer Quadratnotation auf vierlinigem roten System und 23 Zierinitialen in Rot und Blau, teils mit Federwerk sowie 1 großen Prunkinitiale "E" in Deckfarben mit Blattgoldpunkten. Frankreich Anfang bis Ende 16. Jahrhundert.
Mit dem Responsorium zum Introitus: "Entrate inter gentes eius" - "Gloria" - "Respice domine in testamenti tuum". Die große Prunkinitiale "E" (ca. 12 x 12 cm) über zwei Zeilen, die anderen jeweils 1-zeilig. – Geringe Gebrauchsspuren, meist sauber.

Lot 887, Auction  124, Pasquill-Disputationen, Deutsche Handschrift auf Papier. 6 nn. Bl. 23 Zeilen.

Pasquill-Disputationen
Deutsche Handschrift auf Papier. 6 nn. Bl. 23 Zeilen.
Los 887

Zuschlag
500€ (US$ 521)

Details

"Pasquill-Disputation". Deutsche Handschrift auf Papier. 6 nn. Bl. 23 Zeilen. Schrift: bastarda kursiva. Format: ca. 19,2 x 13 cm. Pappband um 1940. Deutschland um 1538.
Recht umfangreiche protestantische Schmähschrift auf das Römische Papsttum der Renaissance, speziell auf das Pontifikat Papst Pauls III. Alessandro Farnese (1468-1549), der die Kathedra Petri 1534 bestiegen hatte und mit Einberufung des Tridentiner Konzils 1543 die Gegenreformation einleitete: "Pasquill-Dispuation, Wegen und wider das Gottlosen wesenn und gefelltes Uerdell Pabsten Pauli des dritten dieses nhamens über gemelt Cristenn Brueder." Als Motto folgt unter ein Bibelzitat nach dem Evangelisten Lukas: "Lucas am 21 Cap: "Ich will euch mundt und weißheit geben / welcher nit sollen wider sprechen mogen / noch widerstehen, alle meine widerwertig" (Denn ich will euch Mund und Weisheit geben, welcher nicht sollen widersprechen können noch widerstehen alle eure Widersacher).

Möglicherweise, was freilich die germanistische Forschung noch ans Licht bringen muss, bezieht sich der Pasquill auf die päpstliche Bulle "Sublimis Deus", die Paul III. am 2. Juni 1537 verkündete und in der er sein Urteil gegen die Unterstellung des gottlosen Wesens, vor allem in Bezug auf die Ureinwohner Amerikas, niederlegte. Damit gab es auch keinerlei Berechtigung, diesen die Befähigkeit zur Erlösung vor Gott abzusprechen, denn auch "Indianer seinen vernunftbegabte Wesen mit einer Seele".

Sehr seltener, für uns nicht nachweisbarer, bis dato unveröffentlicht und auch von den Zeitgenossen nicht gedruckter Text (vgl. Oskar Schlade, Satiren und Pasquille aus der Reformationszeit, Hannover 1855-188, I-III. Ferner Weller, DA II, 238-48, Goedeke II, 275, 84/1. - Keiner führt diese Pasquill-Disputation auf). – Die ersten drei Blätter am rechten Rand mit größerem Ausbruch und Bräunungen (etwas Textverlust am äußeren Rand des Spiegels), die letzten drei nur mit kleinem Schaden unten, teils etas stärker gebräunt, angestaubt und fleckig. Im vorderen Innenspiegel ein Vermerk "Gekauft von Günther Koch, Marquartstein 19. Juli 1947 Hs 56 Günther Eis"

Hardouin, Germain
Hore in laudem gloriosissime Virginis Marie 1532
Los 888

Zuschlag
5.500€ (US$ 5,729)

Details

Hardouin, Germain. Hore in laudem gloriosissime Virginis Marie secundum usum Romanum: totaliter ad longum sine require, cum multis suffragiis et orationibus de novo additis. Druck auf Pergament. 83 (statt 86) nn. Bl. Mit großer Eröffnungsminiatur in Gold und Farben mit dem Druckerwappen, 16 kleineren und 15 großen Metallschnitt-Miniaturen in Gold und Farben, jeweils in rotem Federrahmen mit Pinselgold, einer großen 6-zeiligen Holzschnitt- und Hunderten von 1-2-zeiligen Goldinitialen auf blauem und rotem Grund, alle Seiten mit breiten, mit schwarzer Feder gerahmten Bordüren mit Blumen, Blüten und Akanthus. 18 x 11,6 cm. Stark beriebener und abgegriffener grüner Samtband d. Z. (Vorderdeckel lose, fleckig, fettig, berieben, abgeschabt, Gelenke und Rücken teils offen, bestoßen, mit Gebrauchsspuren, Innendeckel mit Wurmschäden). (Paris, Germain Hardouin), ca. 1532.
Vgl. Lacombe 396. Bohatta 1162. Van Praet I, 113, 136. Brunet, Heures 254. Moreau IV, 713. – Reich illustriertes und prachtvoll mit Gold und Deckfarben illuminiertes Stundenbuch nach dem Gebrauch von Rom, in lateinischer Sprache auf Pergament. Mit besonders hübsch und in satten Farben zeitgenössisch kolorierten und goldgehöhten Metallschnitten in rotkonturierten, goldgemalten architektonischen Umrandungen.

Die Miniaturen im einzelnen:
A1r
Eröffnungsminiatur mit einem blaue Früchte tragenden Baum und der von drei Engeln präsentierten Druckermarke "GH" für "Germaiyn Hardouyn" und dem oben zitierten Titel als Textbeginn.
A1v 6-zeilige Rotgrundinitiale "O" mit dem Salvator auf dem Regenbogen und goldener Strahlenaureole.
A2v Knochenmann mit vier kleinen Schnitten, die Allegorien auf die Jahreszeiten darstellen mit französischen Beischriften.

A3r-B1r Kalendarium

B1v
Johannes der Täufer auf Patmos
B2r
Der Evangelist Lukas
B2v Der Evangelist Matthias
B3v Der Evangelist Markus
B4r Ergreifung Jesu, Petrus schlägt dem Häscher ein Ohr ab
C1r Verkündigung Mariae
C7v Heimsuchung Mariae
D4r Geburt Christi
D8r Epiphanias, Heilige Drei Könige
E2r Darbringung im Tempel
E4r Flucht nach Ägypten
E7r Aufnahme Mariae in den Himmel, Krönung Mariae
F5r Kreuzigung Christi
F7v Pfingstwunder, Ausgießung des Heiligen Geistes
G1v Heilige Barbara mit Schriftbändern im Oval
G4r König David beobachtet Bathseba im Bade
H3v Die Familie nach der Aufweckung des Lazarus
K1r Heilige Trinität mit Gottvater
K2r Heiliger Michael besiegt den grünen Teufel
K2v Johannes der Täufer mit Lamm
K2v Petrus und Paulus
K3r Heiliger Jakob
K3v Heiliger Stephan
K3v Heiliger Christopherus
K4r Heiliger Sebastian
K4r Heiliger Nikolaus
K5r Heiliger Claudius
K5v Heiliger Antonius
K5v Heiliger Rochus
K7r Heilige Genoveva
K7v Verkündigung Mariae – Es fehlen drei Blätter (wohl mit 4 Miniaturen) B8, D6 und K6: Lagenformel A8 B1-7 C8 D1-5,7-8 E8 F8 G8 H8 I8 K1-5,7-8 L6 (le. w.). Einige Tintenwischer und kleinere Läsuren, teils etwas fleckig, stellenweise stärker gebräunt, wie üblich auf unterschiedlich starkem Pergament gedruckt, in leuchtendem, sehr minutiösen Kolorit und feiner Goldhöhung.

Karl V. von Habsburg
"Carte ejecutoria de la villa de Salmeron". Spanische Handschrift auf Pergament
Los 890

Zuschlag
3.400€ (US$ 3,542)

Details

Karl V. von Habsburg. "Carte ejecutoria de la villa de Salmeron como de todas las otras ciudades villas y lugares de los nuestroy Reynos y señorios que agora son o seran de a qui adelante". Spanische Handschrift auf Pergament. 34 nn. Bl. 34-35 Zeilen. Schrift: Gotica rotunda. Schriftraum: 22 x 14 cm. Format: 32 x 21,5 cm. Mit roterbrauner Reglierung, Federwerkschmuck an den Randstegen, 15 5-7-zeiligen Goldinitialen in rotem und blauen Kasten mit weißem floralen Federwerkgrund, großer 7-zeiliger figürlicher Schmuckinitiale und großem illuminierten Doppeltitel mit Bordüren in Gold und Farben, mit Figuren- und floralem Schmuck einer Marienvignette und zwei großen Wappenmalereien, alles üppig in Pinselgold und Farben. Dunkelbraunes Kalbsleder d. Z. (mit wenigen Kratzern, etwas beschabt und betsoßen) mit Rückenvergoldung, goldgeprägtem Wappensupralibros auf den Deckeln, breiter goldgeprägter Deckelbordüre und Eckfleurons. Granada 1550.
Besonders prachtvolle spanische Urkunde unter der Habsburger Regierung Karls V. (1500-1558) wohl über die Übertragung bzw. Verleihung von Ländereien der Krone in der Nähe von Salmerón (Guadalajara): "Assi de la villa de Salmerón como de todas las otras ciudades villas y lugares de los nuestros Reynos y señorios que agora son o seran de a qui adelante. E a los que cogen y recaudan y empadron han y ovieren de coger y de recaudar rempadronar en Renta o en fieldad o eu otra qualquier manera ..." ("Es ist die Stadt Salmerón sowie alle anderen Städte, Gemeinden und Orte von uns und unserer Königreiche und Herrschaftsgebiete, die wir jetzt beseitzen oder von nun an besitzen werden. Ferner diejenigen, die wir eingenommen, erobert und in unseren Besitz gebracht haben ...).

Interessant ist die Nennung der Titel Karls V. und seiner Ländereien, die längste Liste eines abendländischen Herrschers, dessen Königreich sich von Europa über den vorderen Orient ("Hierusalem") bis nach Amerika ("las Indias islas") erstreckte: "Por la divina clementia Emperador semper Augusto Rey de Alemania doña Joanna su madre y el mismo don Carlos por la gracia de dios Reyes de Castilla de Leon de Aragon de las dos cecilias de Hierusalem de navarra de Granada de toledo de Valencia de Gallizia de mallorcas de Sevilla de cerdeña de Cordova de corecega de murcia de Jahen de los algarves de algezira y de gibraltar y de las islas de Canaria y de las Indias islas y tierra firme del mar ociano, condes de Barcelona (...)".

Die überaus prachvoll illuminierte Doppelzierseite zeigt farbenfrohe Bordüren mit musizierenden Putten auf Kandelabern oder eine Weltkugel haltend, einen Mönch in schwarzer Kutte, das Christusmonogramm in einer Tabula ansata und eine große Darstellung (10 x 9,5 cm) der Muttergottes als Regina coeli in der Aureole. Daneben folgen im Rechteck die neun Buchstaben in Rotunda versalis "DON CARLOS", im unteren Drittel jeweils eine sehr große Wappendarstellung in Gold und Farben (je ca. 13 x 14 cm). – Am Schluss mehrere Notariatszeichen und Unterschriften, eine Regeste: "Executoria de Felippe manuel palomeque vezino della villa de Sameron", spätere Beischriften am Rand und auf den pergamentnen Vorsatzblättern. Etwas fleckig, Pergament gewellt, meist aber nur geringere Gebrauchsspuren. - Außergewöhnlich prachtvolles Stück.

[*]: Regelbesteuert gemäß Auktionsbedingungen. [^]: Ausgleich von Einfuhr-Umsatzsteuer.

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